Armbruster 1952 — Imkereibetriebslehre des Erzeugung — A 4., 5. und 6.

Armbruster – 1952 – Imkereibetriebslehre des Erzeugung – Kapitel A – 4., 5. und 6.

 

Imkereibetriebslehre des Erzeugung

von Ludwig Armbruster
Biene-Verlag Lindau (Bodensee)
1952

 

 

A. Grundsätzliches

7. Unser vierter Verbündeter: die Triebfütterung.

Die Triebfütterung, das Reizfüttern — bei ernsteren Fällen in Notfütterung ausartend —, haben wir schon wiederholt kurz gestreift.  Sie ist für die Erzeugung so wichtig, daß sie als richtiger Verbündeter ein eigenes Kapitel verdient.  Beim Studium der veröffentlichten Brutkurven merkt man deutlich (was auch die Erfahrung am Bienenstand lehrt): die Eilage ist etwas sehr Empfindliches.  Immer wieder gibt es sehr störende Rückschläge.  Die äußeren Störungen sind im Anfang schlimmer als später, denn ein starkes Volk ist gegen gewisse Rückschläge (z.B. Temperatur) weniger empfindlich.  Drum möglichst bald, evtl. mit fremder Hilfe, aus diesem überempfindlichen Anfangsstadium herausbringen ! (54)  Umgekehrt ist bei starken Völkern der Nahrungsbedarf größer, ein Trachtmangel also mindestens ebenso gefährlich wie bei kleinen.  Darum die so ernste Mahnung erfahrenster Meister: Triebfüttern und immer wieder Triebfüttern beim geringsten Rückschlage (besonders auch kurz vor dem Schwärmen: LÜNEBURGER !) und zwar nicht etwa nur bei den schwachen.  Rückschläge vermelden heißt auch Treiben, Voranbringen [Das Treiben, speziell Triebfütterung im zeitigen Frühjahr, ist umstritten.  Brüten im Winter ist vom Übel, zumal wenn nicht bes. reiche Pollenvorräte da sind oder Durstnot herrscht, auch vom Übel, wenn die Zehrer sich nicht rechtzeitig reinigen können.  Reizfütterung im zeitigen Frühjahr ist vom Übel, wenn das aufgeblähte Brutnest im Aprilwetter die Bienen in den nassen Tod draußen treibt.  Stockversorgung mit Wasser, Pollenersatz und Süßem durch den Imker kann aber hier Übel verhüten.  Das zu frühe Triebfüttern wird u.U. mit vernünftigem Erhaltungsfüttern unschädlich gemacht.  Die Kurve der Brutentwicklung steigt hier zwar nicht immer steiler, es gibt aber keinen eigentlichen Rückschlag.  Englische Gemeinschaftsversuche (AfB 28, 56) zeigten: die starken Völker hatten vom Triebfüttern mit reinem Zuckerwasser (ohne genügend Pollen im Stock ?) kaum Nutzen, wohl aber die schwachen, und die Schwachen verwerteten im Zuckerwasser wohl hauptsächlich das Wasser.  Man kann also offenbar in manchen Fällen mit Wasser „triebfüttern“ (genauer, den Tod von so mancher Wasserträgerin im Aprilwetter verhüten).  Bei starken Völkern mit besonders starkem Pollenverbrauch wird man nicht nur mit der Stocktränke helfen, sondern auch mit Pollenersatzmitteln, wenn die Pollenvorräte im Imkerheim verbraucht sind.]  Starken auf Mittelwände abgefegten Völkern (einem Schwarm oder Kunstschwarm) kann verhältnismäßig wenig passieren.  Bei schlechtem Wetter können sie im stillen kräftig weiterarbeiten, wenn man sie tüchtig füttert.  Auf alle Fälle können sie bauen.  Pollen ist dazu nicht nötig.  Die Königin kann mit Eierlegen gleich beginnen und fortfahren.  Die Wärme kann ein starker Schwarm, gut gefüttert, leicht erzeugen, hinreichend, daß auf weitem Raum gebaut und gebrütet werden kann.  Sowohl die entstehende Brut als auch die Fütterung zwingt die Bienen, nach Pollen auf der lauer zu liegen.  Das Futter wird gleich umgesetzt.  Die Gefahr, daß dies Futter die Ernte beeinträchtigt, ist gleich Null.  Ein unabgefegtes Volk wird vom schlechten Wetter mehr betroffen; ohne starke Fütterung baut es nicht weiter, sondern es lungert.  Starke Fütterung würde hier eher das Brutnest einengen und der Ernte gefährlich werden.  Füttern in kleinen Gaben ist im allgemeinen mühsam.  Wenn die Schlechtwetterperiode bald nach dem Abfegen einsetzt, dann kann der Fegling mit der alten Königin weiter arbeiten, der Fegborn seine Königinzellen pflegen und im übrigen seine Kräfte schonen.  Die alten Bienen gewöhnen sich eher an den neuen Platz.  Die Sache kostet im wesentlichen nur Zucker.  Die Erneuerungsaktion (Königin und Bau) geht also weiter, und die Schlechtwetterzeit ist gut ausgenützt.  Kein wunder empfehlen die alten Meister (besonders JANSCHA, EHRENFELS, LÜNEBURGER): die ausgiebigste Fütterung bei ungünstigem Wetter, besonders bei Völkern, die bauen.  Sie brauchten auf die Ernte keine Rücksicht nehmen, weil sie Honig fütterten.  Wir müssen das, haben aber die Vorteile der Preisspanne Honig–Zucker.  Ängstliche Gemüter seien immer wieder darauf aufmerksam gemacht: wer Zucker füttert, der füttert mittelbar bis zu einem ziemlichen Grade auch Eiweiß, Fett und Vitamine, denn Zuckerfütterung reizt sehr stark zu scharfem Pollensammeln, auch zum Verbrauch der vorhandenen Pollenvorräte.  Auf Regen folgt dann wieder Sonnenschein und verstärktes Pollenstapeln auf Vorrat.  Das wiederholte Aufräumen mit Pollenvorräten treibt das Brutnest glücklich auseinander.  Wie unendlich falsch ist die rechnerische Kapuzinerpredigt, die der sonst so tüchtige KLEINE einst den Lüneburgern über das (Stampfhonig– !) Füttern gehalten hat ! (55)  Die Triebfütterung ist das Triebmittel bei großen Waben und großen Wohnungen.  Das Zwischenhängen ist hier oft zweischneidig.  Die Pollenpanzer engen hier mehr ein, denn bei kleineren Waben werden sie mehr an die Rähmchen gepreßt bis zum Verschwinden, bei großen Waben aber nicht.  Hier wirkt Triebfütterung fast allein.  Sie fördert den Pollenkonsum, und das Brutnest bekommt wieder Luft.  Das weite Feld der Waben wird eher wieder ein weites Feld für die Eilage.  Große Waben und Wohnungen sind in Durchschnittstrachtgegenden voller Gefahren.  Wenn man das Volk über eine gewisse Größe hat, dann kann es Wunder wirken.  Über eine gewisse Größe bringt man es hier am sichersten durch nachhaltige Fütterung mit mäßigen Gaben; denn eine gewisse Dauertracht ist im Frühjahr („Aprilwetter“) selten.  Aber bei uns ist eine grobe Zucker–Reizfütterung oft eine sehr ernste Gefahr für die Güte der Ernte.  Auch wenn man nicht umhängt, die Bienen tragen um, wie ich bei meinem Pollentrank erfuhr zur schmerzlichen Überraschung !  Nur wegen dieser Erfahrungen habe ich den Pollentrank aufgegeben, der in anderer Beziehung ausgezeichnet war (vgl. GEIGER unten Kap. 9e).  Der richtige Imkererzeuger mit vernünftigem Wabenmaß hat immer noch einen guten Ausweg: Zwischenhängen von Außenwaben mit Honigkränzen oder Aufritzen von verdeckeltem Honig.  Muster–Imkereien mit guter Erneuerung der Königin, mit dauernder Auswahl der besten Völker werden natürlich mit großen Wohnungen und Waben auch dann erfolgreich sein, wenn sie außer Triebfüttern, guter Wabenerneuerung und gutem Gesundheitsdienst die Völker in Ruhe lassen.  Natürlich schwärmen die Völker unter sonst gleichen Bedingungen in großen Beuten mit großen Waben und weitem Wabenabstand am wenigsten, auch ohne besondere Schwarmbekämpfung.

8. Das Ringen mit Schwarm und Tracht.

Der Kraftstoff beim Erzeugen ist die Tracht, der empfindliche Motor mit den vielen Gängen ist das Widerspiel von Königin und Volk, empfindlich vor allem in der Schwarmzeit.  Ein kluger Lenker des Ganzen, das ja selbst wieder Kraftstoff fördern soll, ist besonders dann nötig, wenn der Kraftstoff nur Lücken- und stoßweise zur Verfügung steht.  Imkern heißt heute mehr als früher: Ringen mit der Tracht.  Wie man den Erzeugungsvorgang an die Tracht anpaßt, um Überschüsse zu erzielen, das ist der Hauptgegenstand der speziellen Imkereibetriebslehre.  Dieser Hauptpunkt soll in möglichst vielen und verschiedenartigen Beispielen unten dargestellt werden. (56)  Hier seien ein paar Hauptgrundsätze herausgestellt.

Die Hausbienen sind eine Ersatzreserve für das Feld, besonders die der zweiten Periode, aber auch die „Drückeberger“.  Wenn stark alarmiert wird, also wenn gute Tracht ist, oder wenn die Zufuhr knapp wird (z.B. wegen zu starken Abgangs an Feldbienen), dann kommen die Hausbienen vorzeitig ins Feld.  Offenbar fällt dann die Bautätigkeit stark aus, weniger leicht der Ammendienst.  Wenn im Stock sowieso kein Zug mehr im Brüten ist, wie am Ende des Spätsommers nach endgültigem Abklingen der Fortpflanzungsphänomene, dann werden wohl auch die Ammenbienen vorzeitig ins Feld gelassen, und das Volk ist am Ende der Spätsommer- und Herbsttracht recht schwach, besonders z.B. bei Waldtracht.  Der Bienenwirt, der auf Honig ausgeht, kann diese Dezimierung begünstigen, denn sie ist in manchem besser als Abschwefeln im Herbst.  Hauptsächlich dann, wenn dies Ereignis früh im Jahr liegt, wird er ihm zu begegnen suchen durch Triebfütterung gleich nach Abklingen der betreffenden Tracht, oder aber durch frühzeitige Vermehrung.  Tracht nutzt mehr ab, als man bisher glaubte.  Man hat die Tracht nicht umsonst.  Je fruchtbarer die Königin, desto weniger spürt man diese „Produktionskosten“.  Nur lautet dann die Rechnung: „Öfter Königinnen erneuern!“ Aber das tut man auf einem guten Stand sowieso.  Ein Stopp den Fressern, ein Stopp der uferlosen Vermehrung, ein unblutiges „Dezimieren“, ein guter Ersatz für Abschwefeln ist: Man nimmt fällige Königinnen zur Tracht weg und läßt den betreffenden Stock verhonigen, nachdem man rechtzeitig für Ersatz mit jungen Königinnen gesorgt hat.  Natürlich können Völker ohne Brut während der Tracht besonders viel leisten.  Jetzt können (sechstägige wies ROESCH 1930 nach) sich am Sammelgeschäft selbst die Ammenbienen beteiligen, also nicht nur das Bauen, sondern auch die Pollenkur kann ausfallen.  Der Eigenhaushalt des Volkes benötigt fast nichts vom Segen (vor allem auch nichts für die Zukunft!).  Dies Verfahren kommt vernünftigerweise nur in Frage, wenn es sich um eine kürzere und um die letzte Tracht im Jahre handelt.  Fast stets ist es vorteilhafter und wirtschaftlicher, das Schwärmen, wenn es sich zunächst nicht unterdrücken läßt, zu beschleunigen als zu verzögern.  Falls man aber z.B. in eine Frühtracht oder Frühsommertracht gewandert ist (und später wieder wandern will), wird man das Schwärmen so verzögern, daß es zu Hause stattfindet.  Dieser Imker wird also zunächst imkern, als wolle er das Schwärmen überhaupt unterdrücken. (57)  Es ist sehr praktisch, wenn man die Wanderpläne so legt, daß man die Bienen zur Schwarmpflege zu Hause hat.  Wenn ich heute Königinzellen bestiftet finde, ich also erneut vor die Frage gestellt werde: Wie entschließest du dich im Punkte Schwärmen ? , dann rechne ich: (1 +) 15 Tage Königin–Entwicklung + 9 Tage bis zur Eiablage dieser Königin + 21 Tage Entwicklung für deren Arbeiterkinder + 10 Tage Stockdienst dieser Kinder, ungefähr = 55 Tage = fast 8 Wochen, wenn bis dorthin Läppertracht ist, und in 8 Wochen ist wieder längere, gute Tracht zu erwarten, dann wird man versuchen, den Eierstock dieser zweiten — jungen ! — Königin sich zum Bundesgenossen zu machen.  In den erwähnten zehn Tagen Stockdienst können in sehr günstigen Fällen 10 000 Zellen (= 2 Pfund Bienen) mit Brut besetzt worden sein.  Da die Königin im Anfang sachte, später erst schneidig legt, werden die ersten Stockbienen viel Ammenarbeit vorfinden, also nicht leicht zum Außendienst kommen, und was sie einbringen, wird leicht verzehrt; darum sollte „längere, gute Tracht“ sein.  In acht Wochen ist von den Kindern der alten Mutter „nichts“ mehr da! Diese konnten.  allerdings, da die alte Königin nur noch in der ersten Woche Eier legte, und da demnach von der fünften Woche überhaupt keine Brut mehr im Stocke war, die Läppertracht noch ausnutzen und Vorräte einbringen. (In der Mitte der sechsten Woche erst kommen die Eier der jungen Königin.)  Einen Stock sich selbst beweiseln lassen, ist also, selbst wenn alles gut geht, eine ziemliche Unterbrechung der Erzeugung.  Wer solche acht Wochen nicht zur Verfügung hat, muß versuchen, Zeit zu gewinnen; am wirksamsten ist Zusetzen einer befruchteten Königin (aus der Königinnenzucht, sonst kommt Zugabe einer reifen Königinzelle in Frage).  Zwischen Auswintern und Schwärmen liegt fast immer eine ansehnliche Spanne Zeit; denn das Schwärmen ist abhängig von der Vegetation und vor allem vom Klima.  Der wichtige und rätselhafte Übergang der Baubienen vom engen zum weiten Muster erfolgt erst, wenn Vegetation und Bienenvolk, also Eilegegeschäft schon ordentlich in Schwung gekommen sind (Fieber–Thermometer).  Die Bienen bauen normalerweise Weiselzellen, wenn der sonstige Bautrieb ins Stocken gerät und die (Natur-) Wabenenden unten stumpf bleiben (wenn unten keine neuen Zellanfänge mehr entstehen).  Dies ist ein vorläufiger Abschluß einer Aufwärtsentwicklung.  Die Königin sucht die Königinnäpfe auf zu einer Zeit, wo sie sich schon recht frei im Stock bewegt und bewegen kann, weil die Temperatur (58) im Bienenstock überall schon ziemlich gleichmäßig wird.  Dies hat günstige Außentemperaturen zur Voraussetzung.  Es gibt Gegenden, wo das Frühjahr fast fehlt (Kontinentalklima), gewisse trockene Gebiete (Alpen mit Erica carnea), wo die Blütenpracht fast mit einem Schlage einsetzt.  Häufig sind das Gegenden ohne Baumtracht.  Hier kann die Schwarmzeit mitten in die Haupttracht fallen, z.B. Kleeregion in der Gegend um Chikago, Sibirien.  Wenn dann die günstige Jahreszeit nur kurz ist (wie in Sibirien) oder keine nennenswerte Tracht mehr kommt, dann muß der Imker sein Meisterstück machen (mehrere Beispiele weiter unten — vgl. auch ARMBRUSTER, Imkereibetriebsformen Nr. 18, 50).  Daß frühe Haupttracht und frühes Schwärmen zusammenfallen, ist selten, schon deswegen, weil ein etwas frühes Schwarmfieber durch die Tracht gedämmt würde.  Denn wir lernten, Tracht lockt die Bienen der „faulen Periode“ aus dem Stock.  Der Verschleiß an Bienen ist besonders groß.  In vielen Fällen kommt leicht Honig ins Brutnest und engt dasselbe mindestens vorübergehend ein.  Ein Unikum ist hier das Alpengebiet mit Erica carnea.  Obwohl hoch gelegen, liefert es Bienenschwärme schon im April, weil die Tracht mit der Schneeschmelze beginnt.  Hier erreicht man mühelos das, was der Lüneburger Imker auch erstrebt: möglichst frühe Erledigung des gesamten Schwarm- und Vermehrungsgeschäftes.  Dieser Fall zeigt schön, wie stark bisweilen die Natur ihre Völker treibt, warum sollen wir ihr darin nicht nacheifern!  Der Fall mit der Erica carnea zeigt ferner, daß es Haupttrachten gibt, die vor der Schwarmzeit liegen.  Sie fallen in die Erstarkungszeit des Volkes.  Da hier noch Platz ist im Stock, ist die Gefahr, daß das Brutnest verhonigt, nicht übermäßig groß (die Zahl der Honigsammler ist ja auch noch nicht berühmt).  Die Völker sind erst recht stark, wenn die Tracht einige Zeit vorüber ist.  Der Fall lädt zum Bienenhandel ein, denn diese Imker können so zeitig verkaufen, daß anderen noch recht gut geholfen ist.  Bei mir kamen vor vielen Jahren diese Völker gerade recht zu meiner Akazientracht.  In 14 Tagen war die Rechnung fällig.  In diesen 14 Tagen hatten mir die Bienen schon so viel Akazienhonig gebracht, daß ich damit zahlen konnte.  Bis zur Buchweizentracht kann dieser Kärntner–Imker nochmal „von vorn anfangen“ mit planmäßigem Vermehren und dabei nicht nur Bienenfleisch erzeugen, sondern auch Honig ernten.  Das Bienenfleisch wird dann im nächsten Frühjahr verkauft.  Hier also Vermehrung nach der Tracht, (59) Vermehrung, um mit viel Jungbienen in den Winter zu gehen.  Die einschneidendste Verminderung des Standes erfolgt nach dem Winter statt vor dem Winter.  Der Fall, wo Frühtracht das Brutgeschäft im Stock erstickt, wird kaum vorkommen im Gegensatz zu den späteren Trachten.  Häufig sind die Fälle, wo die Sommertracht nach dem Schwärmen eintritt oder wieder eintritt.  In diesem Fall kommt es darauf an, ob diese Tracht mit dem Hochsommer aufhört oder nicht, ob man die Tracht durch Wandern weiter verlängert oder nicht.  Wenn die Schwarmzeit in die Haupttracht fällt oder kurz zuvor, wird man die Volksentwicklung vorher auf alle Fälle treiben, um über starke Völker und viel Bienenfleisch zu verfügen.  Wenn die Schwarmgefahr heraufbeschworen ist, wird man dem Schwarm zu vorkommen und vor allem an ein Rezept denken, das ungleiche Teile erzeugt oder auch Schwarm + Flugling.  Der eine Teil soll Honig schleppen.  Dabei kann man den kleinen Teil zur Nachzucht einer neuen Königin benutzen und falls keine nennenswerte Tracht mehr zu erwarten ist, im allgemeinen vereinigen und die alte Königin kassieren.  Der Hauptstock behält die alte Brut und die Flugbienen, der Ableger die junge Brut samt Königinzellen.  Er kann wiederholt seine Flugbienen an den Hauptstock abgeben und wird gleichzeitig von Singer- und Nachschwärmen abgehalten.

Nachschwärme darf man nur annehmen, wenn man stark vermehren will und wenn sie mindestens acht Wochen vor einer späteren (Teil-) Tracht fallen und wenn sie zum Erstarken eine gewisse Tracht genießen.  Die Nachschwärme haben, wie ich früher zeigte, betriebskundlich deswegen hohe Bedeutung, weil nur bei ihnen sowohl der Bau als die Stockmutter sich verjüngt hat.  Deswegen ist ja auch die (mindestens) dreifache Vermehrung bei den Lüneburgern und manchen östlichen Berufsimkern so fruchtbringend (vgl. unten die Beispiele mit dem „Melker“).  Ein Jungfern- oder Singerschwarm hat denselben Vorteil.  Er liegt am Wege, wenn wir, was öfter Vorteile hat, ein starkes Volk (evtl. vorübergehend) entweiseln, wenn wir das insbesondere machen bei einem starken Volk, das schon reife Weiselzellen hat.  Schwärmen würde es doch.  Natürlich führt auch künstliche Vermehrung zusammen mit Königinnenzucht zu dem Vorteil: junger Bau und junge Mutter.  Junge wertvolle Königinnen setzt man ja am sichersten in der Kunstschwarm–Traube zu, und diese muß dann gleich bauen.  Wer ordentliche Schwarmtracht hat, derart, daß das Schwärmen in die Tracht fällt und nach dem Schwärmen keine Tracht mehr ist, der (60) überlege, ob er nicht durch Wandern die Tracht sich verlängern will.  Sonst hat es natürlich wenig Zweck, schwärmen zu lassen oder künstlich zu vermehren.  Die Schwärme erstarken vielleicht noch bis zum Herbst.  Aber sie bringen nichts und kosten nur Winterfutter.  Vielleicht kann man durch Königinzucht, also durch das Vermehrungsgeschäft, beschleunigen, so daß auch die Ableger noch etwas Erträge bringen.  Aber man frage sich, ob sich das lohnt.  Auch hat es hier wenig Zweck, die Mutterstöcke selbst im Sommer und Spätsommer noch stark brüten zu lassen.  Eine Bruteinschränkung kann hier am Platze sein.  Noch besser ist es, wenn man Bienenfleisch verkaufen kann, denn andern Imkern kann damit gedient sein (vgl. Paketbienen).  Der Verkauf von Bienenfleisch im Frühjahr bis Spätsommer verdiente zumal bei uns organisiert zu werden.  Früher hatte man auch in Deutschland Bienenmärkte (vgl. Betriebsform 49, AfB. 1936, 17,.4/5) in Gegenden, wo Sommer- und Spättracht aneinanderstoßen.

K.A. RAMDOHR hat in glänzenden Untersuchungen gezeigt, daß man Vorschwärmen und Nachschwärmen, auch relativ späten, keinen rechten Dienst erweist, wenn man ihnen Kapital mitgibt in Form von Bau und Vorräten.  Je ärmer sie anfangen müssen, desto mehr leisten sie.  Zwar stehen entsprechende Versuche mit Mittelwänden als bescheidenem Anfangskapital noch aus.  Auf alle Fälle wird man diesen Anfängern nicht mehr geben als Mittelwände.  Man wird bei allen Kunstschwärmen dafür sorgen, daß die jungen Kolonisten sich noch zu Hause tüchtig vollsaugen (evtl. Bespritzen mit Honigwasser), damit sie mit gefüllter Honigblase siedeln.  Bei schlechtem Wetter wird man füttern.  RAMDOHR hat — wenigstens für den Stabilbetrieb und für Betriebe ohne Winterzucker — klar nachgewiesen: Schwärmen lassen, in Fällen, wo die Spätsommer- und Herbsttracht nicht fehlt, bringt mehr Honig als Schwärmenunterbinden.  Dabei ist leicht der Aufwand an Arbeit usw. nicht größer, wenn man schwärmen läßt.  Denn auch die Schwarmverhinderung (und Königinzucht) bringt Arbeit.  Immerhin benützen wir heute gedrahtete Waben, oft künstliche Vermehrung, teurere Wohnungen, Zucker als Winterfutter.  Wer dauernd Läppertracht hat und mehr im Herbst die Haupttracht, und zwar relativ sichere Tracht zu erwarten hat, der wird stärker vermehren.  Der Stabilimker wird hier vor allem die Läppertracht in Bienenfleisch umwandeln und in Wachs.  Um die Schwarmpflege zu verbilligen, wird er das Schwärmen auf relativ kurze Zeit zusammen drängen.  Wer (61) stark vermehrt hat (halb unfreiwillig!), der wird scharfe Auslese halten, Winterkosten sparen und Völker verkaufen.  Wem mitten im Sommer die Tracht entschwindet, wem also die Tracht in das Frühjahr, den Frühsommer usw. fällt, z.B. Esparsettengebiete, heiße Gebiete, wo im Sommer alles vertrocknet, zum Teil auch Gebiete mit Erica carnea, der wird bei der Haupternte Sammelfeglinge machen und weiter nach Norden zu verkaufen suchen oder mit vermehrter Völkerzahl wandern.  Denn in der Trachtpause würden die Völker gerne lungern, die Schwarmgefahr würde stark aufleben (weniger das Brutgeschäft).  Der Imker kann in dieser oft arbeitsreichen Sommerzeit nicht endlos Schwarmwache halten.  Die Lüneburger Heide ist oder war wiederum ein Unikum, weil hier im August nochmal eine regelrechte zweite Schwarmperiode einsetzt (Heidschwärmen).  Auch EHRENFELS kennt diese Spätlinge sehr wohl.  Oben ist ein Beispiel erwähnt, wo ein Heidschwarm sich sehr wacker hielt.  Sonst wird man sie zu verhindern suchen, zumal dort, wo man keinen Jungfernwabenhonig erzeugt.  Die Heidschwärme sind in Gegenden mit Mobilbetrieb, das sind im allgemeinen die Gegenden mit größeren Bienenwohnungen, kaum bekannt.  Wer dauernd Läppertracht hat, ohne sichere größere Spättracht, für den ist das Imkern nicht unmöglich, aber eine ziemliche Kunst.  Es gibt Gelegenheit, Völker (Stämme) festzustellen, die dauernd dabei ganz Ordentliches leisten (wie es bei mir schon vorgekommen ist).  Für eine geschickte Vermehrung ist ebenfalls Gelegenheit, denn man kann die Vermehrung etwa in Form von gewerblicher Weiselzucht frisch beginnen und ziemlich lang ausdehnen.  Für Scheibenhonigerzeugung wäre ein solcher Fall hoffnungslos.  Man braucht die Königin nicht unbedingt in einem Ableger zu halten, der das Muttervolk so schwächt, daß die Läppertracht nicht ausgenutzt werden kann.  Da mit günstigen Temperaturen (Spätsommer) zu rechnen ist, kann man über die Brutwaben recht frei verfügen.  Da Läppertracht herrscht, ist weder die Königinzucht, noch das Baugeschäft, noch das Fluggeschäft, noch andere Vorbedingungen der Vermehrung gefährdet.  Wohl aber könnte es bei Läppertracht einen Verlust von Schwärmen oder Nachschwärmen geben, wenn man den Dingen ihren freien Lauf ließe.  Einen Bienenfleisch Betrieb („Handelsstand“) in Läppertracht kann man des ganze Jahr über mehr oder weniger reizfüttern (mit Zucker).  Im Sommer brüten zwar die Bienen, aber Pollen steht fast stets zur Verfügung. (62)  Er kann also treiben, den Fleiß der Bienen wachhalten. Angestachelte Bienen antworten, wenn nur irgend möglich, mit Pollenschleppen. Es gibt eher Pollentracht ohne Honigtracht als umgekehrt (Blatthonig unter Umständen ausgenommen). Die Zucht leidet hier im allgemeinen ebensowenig wie der Honig, auf dessen Erzeugung man ja nicht ausgeht beim Handelsstand in Läppertracht.

Das Schwarmgeschäft regeln heißt heute fast stets künstlich vermehren, und die künstliche Vermehrung wird der natürlichen ähnlich sehen, weil sie nicht widernatürlich sein darf. Widernatürlich wäre es, auf die Dauer das Schwärmen dadurch zu verhindern, daß man die Königin in größerem Maße einsperrt und das Brutgeschäft drosselt. Das Sammelgeschäft kann darunter direkt leiden, vor allem die Erneuerung.  Selten sind Betriebsformen, wo die Brut vergeudet wird (Drohnenbrut ausgenommen!).  Das Töten von erwachsenen Bienen kommt nur vor dem Einwintern vor.  Die Unterbindung der königlichen Fruchtbarkeit (Einsperren der Königin, usw.) ist in klassischen Bienenzuchtgebieten unbekannt, wird z.B. in den Vereinigten Staaten so gut wie gar nicht geübt.  Wir sind offenbar deswegen darauf verfallen, weil die Stock- und Schichtenbeweglichkeit in der Mobilära fast verlorengegangen ist.  In Amerika andererseits ist man froh, wenn man den Bienen recht große und hohe Wolkenkratzer bieten kann.  Heute kann man wandern, und wer wandert, hat selten einmal zuviel Bienenfleisch.  Dasselbe gilt von jedem Königinzüchter größeren Stils.  Das Lungern der Völker vor dem Schwärmen kann man erfolgreich bekämpfen.  Bei vielen Kunstschwärmen fällt es weg.  Umgekehrt sind „alle“ Schwärme und „fast alle“ Kunstschwärme tatsächlich derart fleißig, daß man sich wundern muß, wie RAMDOHRs schlagende Beweise dafür vergessen worden sind.  Wer tüchtig erzeugen will, muß die künstliche Vermehrung ebenso beherrschen wie die natürliche.  Die künstliche kann so gut sein wie die natürliche.  Die Erfahrung hat das vielfach bewiesen.  Unsere Mobilzucht hat ja auch der natürlichen Vermehrung einige Schnippchen geschlagen, womit sowohl die Bienen als wir uns abfinden müssen.  Die heutigen Mobilbetriebe mit ihren Mittelwänden lenken den Bautrieb der Bienen so in andere Bahnen, daß das Schwarmtriebleben geradezu verändert erscheint.  Natürlich kommen dann noch die anderen Dinge hinzu: Umhängen, Umschichten, Absperrgitter, Lüftungsmöglichkeit, Veränderlichkeit des Brutnestes, leichte Eingriffe usw. (63)  Sehr dringlich und zum Teil ungelöst ist die Frage: Kann man den Fleiß des Schwarmes dadurch ersetzen, daß man Mittelwände mitten im Brutnest ausbauen läßt und Wabenwechsel treibt.  Nach meiner Erfahrung sicher bis zu einem gewissen Grade, ob aber vollständig, das steht dahin.  Man darf nicht vergessen, ein bauender Schwarm hat meist keine oder kaum Brut zu ernähren.  Ein Schwarm baut zumal als Nachschwarm gern Arbeiterwachs als Naturbau.  Diesen Vorteil hätte man beim Zwischenhängen im stärksten Volk kaum.  Aber diese Schwierigkeit ist durch die Mittelwände überwunden.  Durch kräftigen, nachhaltigen Wabenwechsel kann man sicher auch den Bau gut erneuern.  Aber es gähnt noch eine Lücke: die Stockmuttererzeugung ist leicht unzureichend.  Für eine Erneuerung der Königin, rechtzeitig und ohne die Honigvölker zu schwächen, gibt es im speziellen Teil zahlreiche gute Beispiele.  Die Königinzucht sollte nicht in eine Trachtlücke fallen.  Das ganze Geschäft, einschließlich Zusetzen, geht bei einer gewissen Tracht viel besser, z.B. droht weniger die schädliche Räuberei.  Wer früh Königinnen hat, erzielt auch bessere Verkaufspreise.  Die Weiselzucht im engeren Sinne wie die ganzen Züchtungsfragen sind ein eigenes Kapitel der speziellen Imkereibetriebslehre und müssen hier ausscheiden.  Weiselzellen aus einem (entwickelten) Spitzenvolk laden stets zur Verwertung ein! Jene Kunstschwärme sind die besten, welche mehr aus jungen als aus alten Bienen bestehen, zumal dann, wenn dem Schwarm nur eine Königinzelle mitgegeben wird oder gar nur Brut, aus der er sich eine Königin ziehen soll.  Die letzten Arten bedeuten eine derartige Unterbrechung der Erzeugung, daß man vor ihnen warnen muß.  Eine Ausnahme darf man auch dann wagen, wenn man Jungbienen zufügt, was ja gar nicht schwer ist.  Zahlreiche Beispiele des speziellen Teils werden zeigen: man hat auch sonst Mittel genug, um für richtige Zusammensetzung der Kunstschwärme zu sorgen.  Die alten Meister waren auch in diesem Punkt weitblickend und scharfsinnig.  Für das Ringen um Schwarm und Tracht kann die spezielle Imkereibetriebslehre keine Rezepte geben, sondern mehr nur Beispiele und Gegenbeispiele.  Das ist der Sinn meiner Imkerei–Betriebsformen (AfB. 1934/36 und Bücher des Archiv für Bienenkunde, Bd. 3) und der zahlreichen Beispiele im später folgenden speziellen Teil. (64)