Einige Erfahrungen mit der Milbenseuche – 1962

Artikel 1962 in der Fachblatt des österreichischen Imkerbundes Bienenvater veröffentlicht

Einige Erfahrungen mit der Milbenseuche

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Artikel von Bruder Adam, O. S. B.,
(1898 – 1996)
© foto Erik Österlund
Bruder Adam
Abtei St. Mary, Buckfast,
South Devon, England.
In Bienenvater, 83
1962(2) S.35-38 und (3) S.79-81
veröffentlicht.

Bienenvater 83(2) 1962 S.35-38

Um 1910 fand man in der Gegend von Buckfast nahezu in jedem Garten und Bauernhof Bienen, zumeist in Strohkörben, aber auch in modernen Beuten. Im Klostergarten waren damals 45 Völker aufgestellt. Sechs Jahre vorher kam es zu dem heute allgemein bekannt gewordenen großen Bienensterben auf der Insel Wight. Zunächst blieb die Epidemie auf diese Insel an der Südküste von England beschränkt. Erst im Laufe des Jahres 1909 machte sich das rätselhafte Bienensterben auch auf dem Festland bemerkbar, wo es sich alsbald mit Riesenschritten verbreitete. Die verheerenden Bienenverluste im Frühjahr 1911 erschreckten die Imker wie die Behörden gleichermaßen. Innerhalb der nächsten sechs Jahre raffte die Epidemie in England, Wales und Schottland angeblich 90% aller Bienenvölker hinweg. Irland blieb nicht lange verschont und bildet noch heute einen Hauptherd der Milbenseuche. Als Ursache dieses Bienensterbens wurde 1919 von Dr. Rennie und seinen Mitarbeitern eindeutig die Milbenkrankheit festgestellt.

Diese Epidemie war so katastrophal, daß sich im Jahre 1919 das Landwirtschaftsministerium gezwungen sah, aus Holland Bienenvölker und aus Italien Königinnen in großer Anzahl einzuführen. Die schwarmlustige Heidebiene Hollands führte zu einer schnellen Vermehrung und die Italiener-Königinnen sicherten den Bestand der Völker. Auf Anweisung der Behörden mußten die Heideschwärme bald mit importierten Königinnen beweiselt werden, denn es wurde schon damals erkannt, daß die “Italiener” weit weniger krankheitsanfällig waren als die Heidebiene. In den nächsten Jahren kam es überdies durch die Imker selbst zu einem regen Import von Paketbienen aus Frankreich, hauptsächlich aus Südfrankreich. Durch die vielen Einfuhren und einem wiedererwachten Interesse an der Bienenhaltung nahm die Zahl der Bienenvölker — trotz weiteren Verlusten durch die Milbe — zu. Es kam aber nicht mehr zu der großen Verbreitung der Bienenzucht wie einst, wo man auf jedem Bauernhof einen Bienenstand fand. Die Milbengefahr und immer wieder auftretende Verluste ließen eine Bienenhaltung wie vor 1910 nicht mehr aufkommen.

Nachdem die Milbenseuche das Festland erreicht hatte, dauerte es nur mehr wenige Jahre, bis sich auch auf unserem Stand die ersten Anzeichen der gefürchteten Krankheit bemerkbar machten. 1915 war ein gutes Honigjahr und trotzdem zeigten sich während des ganzen Sommers unverkennbare Krankheitssymptome sowie alle Anzeichen einer bevorstehenden Katastrophe. Anfangs September bestätigte der Seuchenwart für Devon unsere schlimmsten Befürchtungen. Er war überzeugt, daß wir im kommenden Frühjahr kein lebendes Volk mehr besitzen würden. Dabei wußte man damals noch nichts von dem Erreger der Krankheit und noch weniger von einer Resistenz. Tatsächlich verblieben uns im Frühjahr 1916 von den 45 eingewinterten Völkern nur noch 16. Die Milbe sichtete unerbittlich. Alle Völker einheimischer Abstammung fielen ihr zum Opfer; die überlebenden Völker, zum Teil in kümmerlichem Zustand, gehörten der Italiener-Rasse an. Zum guten Glück war auch 1916 ein günstiges Bienenjahr. Mit Hilfe einer Anzahl weiterer Königinnen aus Italien gelang es uns, unseren Völkerbestand wieder auf die vorjährige Höhe zu bringen und auch noch eine gute Honigernte zu erzielen. Die charakteristischen Krankheitsanzeichen waren zwar noch vorhanden, aber doch nicht mehr in dem Ausmaß wie im Jahre zuvor.

Um diese Zeit stießen wir auf eine Erstkreuzung, welche im Ertrag, in der Fruchtbarkeit und Lebenskraft die reinen “Italiener” weit übertraf — und sie schien vor allem frei zu sein von jedem Krankheitssymptom. Wie sich inzwischen in dem verflossenen Jahr herausstellte, bildete diese Kreuzung, zwischen einer Italianer-Königin und den damals noch vorhandenen reinen einheimischen Drohnen, die Grundlage zu einer milbenwiderstandsfähigen Neu-Kombination. Wenige Jahre später bot uns eine Nachzucht dieser Erstkreuzung das erste klassische Beispiel einer erblichen extremen Milbenanfälligkeit sowie Milbenresistenz. Wo immer eine Krankheit oder Krankheitsresistenz auf erblichen Anlagen beruht, kommen diese auch bei der Aufspaltung in den nachfolgenden Generationen einer Erstkreuzung in allen Übergangsformen, in einer kleinen Anzahl bei extremen Typen, zum Vorschein. Es ging auch hier so [Die Befunde von Dr. L. Bailey, veröffentlicht in Bee World, April 1961, stützen sich auf Nachzuchten, einer Buckfast x Cecropia Kreuzung — also nicht wie angenommen auf Königinnen reiner Buckfast Abstammung.].

Im Jahr 1921, sicherlich eines der allerbesten Honigjahre in diesem Jahrhundert, erwiesen sich zwei Schwesterköniginnen, Nachkommen dieser Erstkreuzung, als absolut überragend in Leistung und vielen anderen wirtschaftlichen Eigenschaften. Deshalb wurden beide im nächsten Jahr als Zuchtmütter verwendet. Da man zu jener Zeit von Vererbung und Kreuzungsergebnissen noch wenig wußte, wurde probeweise die eine Hälfte der Nachkommen einer jeder Zuchtmutter mit Drohnen reiner Italienerabstammung, die andere Hälfte mit Drohnen aus eigener Zucht, zur Begattung gebracht. Zufällig wurde ein Außenstand von 40 Völkern mit 36 Königinnen der einen Zuchtmutter und vier Völker mit Töchtern der anderen, der zweiten Zuchtmutter, umgeweiselt. Umgeweiselt wurde anfangs Juli, erst nach zehntägiger Weisellosigkeit, um das Schwärmen hintan zu halten. Noch vor Ende des Jahres war die Mehrzahl der 36 Völker mit Töchtern der einen Zuchtmutter — mit all den klassischen Symptomen der Milbenseuche — tot. Von den noch lebenden Völkern schienen bis auf drei keines mehr existenzfähig bis zum Frühjahr und die Hoffnung auf die drei, sie würden sich ohne besondere Maßnahmen erholen, bewahrheitete sich nicht. Auch sie mußten, wenn auch viel später, mit Tochterköniginnen der zweiten Zuchtmutter umgeweiselt werden. Die schwachen Völker wurden Ende März mit allen Töchtern der zweiten Zuchtkönigin umgeweiselt. Es wurden deshalb Töchter dieser Zuchtmutter gewählt, weil alle vier Völker mit Töchter dieser Mutter, inmitten der 36 verseuchten oder toten Völker dieses Außenstandes, im besten Zustand durch den Winter gekommen waren. Selbst nach der Umweislung Ende März war die Entwicklung der milbenkranken Völker bis anfangs Mai noch sehr zögernd, aber von dort ab tadellos. Darüber hinaus brachten diese Völker im selben Sommer noch eine gute Honigernte.

Es bot sich uns hier ein bis dahin einzigartiges Spiel der Natur von zwei Schwesterköniginnen, deren Zuchtnachkommen sich in einem Fall extrem milbenanfällig und im anderen als extrem widerstandsfähig erwiesen. Es zeigte sich hier schon, was sich später immer wieder bestätigte, daß die Drohne auf Anfälligkeit oder Resistenz in einer Erstkreuzung keinen Einfluß hat, selbstverständlich aber auf die weitere Nachkommenschaft. Allerdings, einen einzigen Fall dieser Art — obwohl so klar und überzeugend — kann man noch nicht als endgültigen Beweis einer erblichen Milbenanfälligkeit oder Milbenresistenz gelten lassen. Dazu benötigen wir eine Anzahl von Beispielen, Versuchen und Vergleichsmöglichkeiten. Ich brauchte nicht lange auf einen zweiten, höchst interessanten Vorfall warten.

Durch einen reinen Zufall erhielt ich im Sommer 1924 zwei Zuchtköniginnen aus Nordamerika zur Erprobung. Es handelte sich um eine Italiener-Hochzucht, die dort von einer bekannten Firma entwickelt wurde. Ich konnte bald feststellen, daß dieser Stamm wirtschaftlich in jeder Hinsicht hervorragend war. Aber nach zwei Jahren mußte ich erkennen, daß sich dieser Stamm in unseren Verhältnissen nicht halten konnte — er war zu milbenanfällig. Er erwies sich so anfällig, daß oft starke Völker mitten im Sommer und selbst bei guter Tracht an der Milbenkrankheit plötzlich zusammenbrachen — ja mit einer Anfälligkeit behaftet waren, wie ich sie bis dahin nicht kannte.

Einige Jahre später züchtete ich versuchsweise von einer reinen französischen Rasse Königinnen nach. Hier erwiesen sich fünf Sechstel der Tochterköniginnen genauso anfällig wie der vorerwähnte amerikanische Italienerstamm. Nur ein Sechstel war resistent oder zum Teil, wie die weiteren Nachzuchten zeigten. Wie ich schon beim Kongreß in Wien hervorhob, ist unter den Bienenrassen die französische Biene zweifellos eine der leistungsfähigsten, insbesonders in der zweiten und dritten Kreuzungsnachzucht. Der in Frage stehende Stamm war gewiß der beste, der mir je zur Verfügung stand. Eine Weiterzucht und Auslese der resistenten Nachkommen erschien daher wirtschaftlich gerechtfertigt, trotz einem gewissen Risiko. In diesem Falle bestand aber Hoffnung auf Erfolg ohne allzu große Verluste, denn mütterlicherseits lag die Voraussetzung einer Resistenz vor, wenn auch nur eine teilweise; väterlicherseits jedoch auf eine hohe. Es brauchte geraume Zeit, bis eine resistente Kombination entwickelt wurde. Nicht weniger lehrreich war dabei die Tatsache, daß sich im Laufe dieser Zuchtbestrebungen auch eine extrem anfällige Linie zeigte. Wir verfolgten eine sehr helle Linie — eine Form vonaurea, wie ich sie zuvor noch nie zu sehen bekam. Diese Linie besaß überdies — was weit wichtiger erscheint als eine verlockende Farbe — eine Verbindung wirtschaftlicher Eigenschaften, die nur selten vorkommt. Die Entwicklung dieser Linie wurde daher mit Intensität und höchsten Erwartungen angegangen und verfolgt. Wir hatten hier zudem eine Biene, die man praktisch nicht zum Stechen bewegen konnte und die sich ohne Besänftigungsmittel behandeln ließ. Leider gerieten wir mit dieser Zucht in eine Sackgasse, denn sie erwies sich als hoffnungslos milbenanfällig. Obwohl es sich um eine große Anzahl Völker handelte, konnte bei keinem das geringste Anzeichen einer Resistenz bemerkt werden. Kriegsverhältnisse und rein finanzielle Erwägungen erlaubten keine weiteren Zuchtversuche, ungeachtet der sonst offensichtlich wertvollen Eigenschaften, die in dieser Linie vorlagen.

Von manchem Imker wird hier behauptet, es existiere noch die alte braune englische Biene. Ich machte mir wegen gewisser Eigenschaften dieser Rasse alle Mühe, einige Königinnen zu bekommen. Es schien wohl möglich, daß auf den abgelegenen Inseln westlich von Schottland die bodenständige Rasse der Milbe entronnen ist. Doch alle meine Nachforschungen waren vergeblich. Immerhin erhielt ich im Sommer 1945 eine Sendung Königinnen aus einem entlegenen Teil Westirlands, die angeblich der englischen Rasse angehörten. Hinsichtlich der Milbenanfälligkeit ähnelte diese westirische Biene gewiß jener, die vor 50 Jahren hier zu finden war. Wir konnten mit ihr nichts anfangen. Sie lieferte uns nur erneut und in unzweideutiger Art den Beweis für eine extreme Milbenanfälligkeit.

Ab 1950 wurden Königinnen aller bekannten Rassen importiert. Unter diesen kam eine extreme Milbenanfälligkeit bis heute nicht zum Vorschein. Allerdings zeigte sich hin und wieder, wie zu erwarten, eine teilweise Anfälligkeit. Im Sommer 1958 entschloß ich mich zur weiteren Einfuhr von Königinnen der gleichen Firma in Nordamerika, welche uns für unsere Zuchtversuche um 1924 die Königinnen geliefert hatte. Ich wollte vor allem feststellen, ob sich nach so langer Zeit die extreme Milbenanfälligkeit — die damals diesem Stamm anhaftete — noch im gleichen Ausmaß vererben würde. Im Juli 1958 langten die beiden Königinnen ein und wurden am Heimstand zugesetzt, um sie stets im Auge zu halten. Es war bald zu sehen: dieser Zuchtstamm besaß noch alle wirtschaftlichen Eigenschaften, die mich vor 35 Jahren schwer beeindruckt hatten. Die Königinnen erwiesen sich noch fruchtbarer als damals und fürwahr fruchtbarer noch als unser eigener Stamm. Die Entwicklung der beiden Völker ließ im Frühjahr 1959 nichts zu wünschen übrig. Überwintert wurden sie auf je vier Dadant-Waben und bis Mitte Juni bedeckte jedes Volk neun Waben. Alles schien normal. Wir wollten die Königinnen womöglich für Kreuzungsversuche verwenden, doch kam es nie soweit.

Bienenvater 83(3) 1962 S.79-81

Als ich am Abend des 22. Juli von den Außenständen zurückkehrte, ging ich gewohnheitsmäßig zum Heimstand. Nichts ahnend kam ich an einem der Völker mit amerikanischer Königin vorbei und sah ringsum den Rasen mit Bienen bedeckt. Um jeden Zweifel auszuschalten, wurden sofort Proben zur Untersuchung nach Rothamsted geschickt. Die Befunde entsprachen den Erwartungen: “Alle Bienen mit Milben infiziert; keine Anzeichen von Nosema oder Amöben vorhanden”. Die Massenkrabblerei dauerte etliche Tage und nach dem Verlust von annähernd 60 % der Bienen erholte sich das Volk einigermaßen noch vor Ende Herbst. Trotzdem ging es auf kläglichste Weise, mit allen Anzeichen der Milbenseuche, im Laufe des Winters ein. Im zweiten Volk brach die Seuche zwar erst im darauf folgenden Frühjahr aus, aber dann in intensiver Form.

Ich muss noch hervorheben: zur Zeit der ersten Massenkrabblerei befanden sich weitere 48 Völker am Heimstand und keines der Völker wies damals und bis heute ein Anzeichen einer Milbeninfektion auf. Der Sommer 1959 war überdies sehr schön. Die Trachtverhältnisse waren von anfangs Mai bis zum Ende der Heidetracht gut, mit einem Honigertrag von 172 Pfund (etwa 78 Kilogramm) pro Volk. Die günstigen Trachtverhältnisse hatten hier keinen hemmenden Einfluss auf die Krankheitsentwicklung ausgeübt.

In all den vorgeführten Beispielen handelte es sich auf der einen Seite um eine erblich bedingte Milbenanfälligkeit und auf der anderen um eine offensichtliche erblich bedingte Widerstandsfähigkeit — in identischen Umwelt-, Klima- und Trachtverhältnissen. Dass es sich um eine erblich bedingte Anfälligkeit handelt, ist wohl kaum zu bezweifeln nach dem letzt erwähnten Beispiel; eine erbliche Resistenz ist, in Anbetracht der gegebenen Tatsachen, nicht weniger gut begründet. In der ganzen Tier- und Pflanzenzucht stoßen wir auf Beispiele von Krankheitsanfälligkeit sowie Resistenz. Die Honigbiene stellt diesbezüglich gewiss keine Ausnahme dar. Wir dürfen jedoch Immunität mit Resistenz nicht verwechseln. In der Pflanzenwelt, wo Selbstbefruchtung oder vegetative Vermehrung besteht, gibt es viele. Beispiele von erblich bedingter Immunität. Bei den höheren Lebewesen dagegen selten oder gar nicht. Es ist folglich sehr unwahrscheinlich, dass wir im Fall der Honigbiene — wo immer eine Unzahl von Individuen in einem Volk in Betracht kommen; die nie 100 % reinerbig sind — in der Tat, wo hohe Reinerbigkeit gleichbedeutend ist mit Lebensunfähigkeit — je von einer Immunität reden dürfen. Allerdings dient eine hohe Resistenz, wie sie hier in Frage steht, unseren wirtschaftlichen und praktischen Bedürfnissen vollauf. Wir wissen nicht worauf die Milbenresistenz beruht. Wir wissen aber, dass im Labor sowie in extrem ungünstigen Lebens- oder Umweltverhältnissen die Milbenresistenz versagen kann. Aber sie bildet diesbezüglich keinen Sonderfall, sondern bestätigt nur die allgemeine Erfahrung mit anderen Lebewesen, wo eine Krankheitsresistenz besteht.

Oft wird die Ansicht vertreten, dass günstige Trachtverhältnisse und ein dadurch herbeigeführter schneller Bienenumsatz zu einer Selbstheilung eines milbeninfizierten Volkes führen kann. Andere sind dagegen wieder der Meinung, eine Selbstheilung sei auf keinen Fall möglich. Beide Ansichten stimmen mit unseren Erfahrungen nicht überein, wenigstens nicht ohne Vorbehalte. Es verhalten sich bekanntlich nicht alle Bienenstämme oder Völker bloß hochgradig anfällig oder resistent, sondern es gibt zwischen den beiden Extremen alle möglichen Abstufungen. Wo eine hohe Anfälligkeit für die Milbenseuche besteht, erscheint eine Selbstheilung praktisch ausgeschlossen; hingegen können ein entsprechendes vorhandenes Maß Resistenz günstige Trachtverhältnisse eine Selbstheilung bewirken. Die Erfahrung hat gelehrt, dass auch ein schwer vermilbtes Volk durch das Zusetzen einer Königin eines resistenten Stammes gerettet werden kann, vorausgesetzt, dass die Verfassung des Volkes sowie die Tracht und die jahreszeitlichen Bedingungen ein Aufkommen erlauben. Uns ist noch nie eine Umweislung misslungen, sofern diese elementaren Vorbedingungen vorhanden waren. Nachdem es sich hier um kehle Immunität handelt, sondern nur um eine Resistenz, darf man allerdings nicht erwarten, dass ein schwer verseuchtes Volk innerhalb weniger Wochen frei von Milben ist. Die Erfahrung hat ferner gezeigt, dass sich die Resistenz erst im Lauf einiger Generationen vollauf durchsetzen kann — wie dies nicht anders zu erwarten ist unter den gegebenen Verhältnissen.

Es muss noch betont werden, dass wir zur Bekämpfung der Milbe niemals Medikamente anwandten — und nur aus dem einen Grund: sobald Gegenmittel solcher Art angewandt werden, kann man nicht mehr feststellen, welche Völker oder Stämme sich resistent verhalten. Damit wäre auch jede Auslese sowie züchterische Beeinflussung vergeblich. Medikamentöse Krankheitsbekämpfungsmittel haben einen ganz bestimmten Wert in der Imkerei. Ich vertrete allerdings die Ansicht, daß eine endgültige Lösung der Krankheitsbekämpfung, praktisch und wirtschaftlich betrachtet, nur auf dem Weg der Züchtung erfolgen kann. Im Fall der Milbenseuche erscheint der Sachverhalt eindeutig; bezüglich der Paralysis, eine Art Schwarzsucht, stehen mir eine Unzahl Beweise zu Gebote, die eindeutig auf eine erblich bedingte Anlage hinweisen. Hinsichtlich der Nosema müssen weitere Ergebnisse abgewartet werden, ehe wir eine klare Übersicht haben und was die Brutkrankheiten anbelangt, führten amerikanische Züchtungsversuche zu beachtenswerten Ergebnissen.

Die Herkunft der Tracheenmilbe wird wohl für immer ein Rätsel bleiben. Eine besonders ausgedehnte Verbreitung derselben vor dem Ausbruch der Epidemie auf der Insel Wight erscheint jedoch unwahrscheinlich, denn sonst würde man sie auch in Neuseeland, Australien und Nordamerika finden, das ist aber nicht der Fall gewesen. Alle anderen Bienenkrankheiten wurden ohne Ausnahme mit der Einführung der Honigbiene in diese Länder verschleppt, nur die Tracheenmilbe nicht. Es wird hin und wieder die Meinung geäußert, daß Acarapis woodi, wegen den klimatischen Verhältnissen, sich dort nicht halten konnte und mit der Zeit ausstarb. Diese Hypothese darf man wohl mit Recht bezweifeln, denn ich habe die Milbe im subtropischen Nordafrika und in den beinahe regenlosen Gegenden von Südspanien gefunden. Der jeweilige Verlauf und die schädigende Auswirkung einer Milbeninfektion ist gewiß weitgehend von klimatischen Verhältnissen abhängig. Aber daß die Milbe in die erwähnten Kontinente eingeführt wurde, sich aber nicht halten konnte, scheint mir mehr als unwahrscheinlich.

Anmerkung der Redaktion:

Die Ausführungen von Bruder Adam erscheinen außerordentlich interessant und es wäre wertvoll zu untersuchen, ob es sich um anatomisch bedingte Ursachen — etwa kleinerer Stigmen — oder auf physiologischer Basis — der Milbe nicht konvenierenden Hämolymphe — handelt.

In Bienenvater, 83
1962(2) S.35-38 und (3) S.79-81
veröffentlicht.
Artikel von Bruder Adam, O. S. B.,
Abtei St. Mary, Buckfast,
South Devon, England.