Bruder Adam — Vortrag — Kassel 4. September 1960

Meine Betriebsweise als Grundlage meines imkerlichen Erfolges: Vortrag von Bruder Adam, gehalten auf der Vortragsveranstaltung der Gemeinschaft, in Kassel am 04.09.1960.


Meine Betriebsweise als Grundlage meines imkerlichen Erfolges

Wenn Sie es vorziehen,
zu übersetzen hier!

Bruder ADAM KEHRLE, O.S.B.,
(1898 – 1996)
© foto Erik Österlund
Bruder Adam
St. Mary Abbey, Buckfast,
Devon, UK
Auszug außer der
Die Biene 1961 ?? ??-??.

Dies ist der so oft zitierte
Kasseler Vortrag von Bruder Adam. Anläßlich des Kurhessischen
Imkertages zum hundertjährigen Bestehen des Verbandes Kurhessischer Imker
hatte der Kasseler Imkerverein zu einer großen Vortragsveranstaltung auch
Bruder Adam eingeladen. Er hielt diesen Vortrag am 04. September 1960 im
Festsaal der Kasseler Stadthalle. Dieser Vortrag sorgte schon auf der
Veranstaltung für einen Widerstreit der Meinungen und für
Gegenvorträge die darin gipfelten, daß eine solche Betriebsweise
zwar in England möglich wäre, aber nicht in Deutschland mit seinem
unglaublich rauben Klima. Trotzdem sollte dieses Ereignis die
Initialzündung für die Verbreitung der Buckfastbiene in Deutschland
werden.

Der Erfolg meiner Imkerei ist die
echte Honigleistung. Die Züchtung ist jedoch die eigentliche Grundlage,
auf der mein Erfolg beruht.

In England — wie in allen
englischen Sprachgebieten — wird der Betriebsweise heutzutage wenig
Bedeutung zugeschrieben. Sie wird in der Tat als eine selbstverständliche
Sache angesehen. Es war nicht immer so! Aber all die vielversprechenden
Betriebsmethoden starben in den Wogen der Zeit einen stillen Tod. Der
erfolgreiche Imker — hauptsächlich der Berufsimker — kam
langsam zu der Einsicht, daß alle jene Betriebsweisen, die sich mehr oder
weniger auf krasse Eingriffe stützen, oft weit mehr Unheil verursachten
als Nutzen erzielten. Man kam allgemein zu der Erkenntnis, daß ohne eine
weitgehende Rücksicht auf die wunderbare Organisation und Instinkte der
Bienen einem Volk die Vorbedingung zu höchsten Ertragsergebnissen nicht
erteilt wird. Jede erfolgreiche Betriebsweise muß weitgehendst
angepaßt sein an die jeweiligen Klima- und Trachtverhältnisse sowie
an die Art der Beute, in der geimkert wird, und nicht zuletzt an die
Eigenheiten der Biene selbst. Der Berufsimker muß überdies den
Arbeitsaufwand pro Volk, den diese oder jene Methode bedingt, scharf in
Betracht ziehen. In der Tat — der wirtschaftliche Erfolg, die
Rentabilität einer Berufsimkerei, ist weitgehend davon bestimmt. Jede
technische Einrichtung, die die Betriebsweise vereinfacht und Zeit erspart, ist
für den Berufsimker ausschlaggebend.

Ich werde also nicht nur die
jahreszeitlichen Maßnahmen unserer Betriebsweise erläutern, sondern
gleichwohl einige der technischen Einrichtungen, auf denen sie beruht.
Ehe ich das tue, möchte ich
ein Erlebnis aus meiner frühesten Imkererfahrung erwähnen, das in den
nachfolgenden Jahren einen bedeutenden Einfluß auf unsere Betriebsweise
und Erfolge ausübte.

Als mir im Herbst 1919 die
Verantwortung über unsere Imkerei übergeben wurde, stand ich vor
einer Fülle von Problemen. Infolge der Milbenepidemie, die nach amtlichen
Angaben 90 Prozent der Bienenvölker hinwegraffte, mußte sich die
Bienenzucht in England neu orientieren, umstellen auf neue Verhältnisse.
Ein Imkern nach alten Vorschriften und Ideen, die teilweise gerechtfertigt
waren, förderte den Verlust der einheimischen Biene; sie mußten nun
wohl oder übel über Bord. Man konnte mit der Italiener-Biene nicht
imkern wie einst mit der bodenständigen Rasse. Die älteren Imker
konnten sich nur schwer in die neuen Verhältnisse fügen. Die
Argumente, die heutzutage hin und wieder in diesem oder jenem Land gegen alles
Fremde vorgebracht werden, erwecken in mir Erinnerungen an jene Zeit. Vor mehr
als 40 Jahren wurde bei uns gesagt „Fremde Rassen sowie Beuten und
Betriebsweisen sind für unsere Verhältnisse absolut ungeeignet“.
Diese Ansichten, die damals oft mit tiefster Überzeugung
geäußert wurden, erwiesen sich jedoch als grundfalsch. Allerdings,
auch die fortschrittlichsten Imker von damals konnten sich kaum eine
Vorstellung machen von den Entwicklungen und Möglichkeiten, die ihnen
bevorstanden.

Bis 1920 imkerten wir mit einem
Brutkasten pro Volk, der 10 Rahmen (Englisches Vereinsmaß) —
ähnlich Deutsch-Normal, Anm. D. Red. — faßte. Wir waren uns
schon längere Zeit bewußt, daß dies im Falle der fruchtbaren
Italiener und deren Kreuzungen die Volksentwicklung viel zu viel beschränkte.
Allerdings waren Überlieferung und Vorein­genommenheit gegen die
Verwendung von zwei Bruträumen pro Volk.
Im Herbst 1920 winterte ich
trotzdem versuchsweise ein Volk in zwei Brutkästen mit annähernd 40
Pfund Wintervorräten ein. Im folgenden Frühjahr erwies sich dieses
Versuchsvolk bei weitem als das stärkste. Die Frühjahrsentwicklung
war tadellos, und ohne irgendein Zutun war das Volk aufsatzbereit bei Beginn
der Obstblüte. Es verursachte uns keinerlei Arbeit den ganzen Sommer,
außer dem Geben eines weiteren Aufsatzes jeweils, deren es insgesamt 6
benötigte. Ende der Tracht überragte dieses Volk mit all den
Aufsätzen den Bienengarten wie ein Leuchtturm. In der Tat, es erwies sich
als ein Leuchtturm, nicht bloß in symbolischer Form, sondern auch in
praktischer Hinsicht. Es zeigte mir nicht nur den richtigen Weg zum Erfolg,
sondern warnte mich zugleich vor den Klippen und Sandbänken gewisser
Betriebseingriffe, die all zu oft zum wirtschaftlichen Schiffbruch führen.

Dieses Volk war gewiß ein
Idealfall, aber dennoch keineswegs bei den Haaren herbeigezogen. Unser
Durchschnittsertrag im Jahre 1921 war ein Zentner, der jedoch viel Mühe
und Arbeit kostete. Von dem einen Volk wurden dagegen eineinhalb Zentner
geerntet ohne besondere Mühe und Zeitaufwand. Ein Reinertrag von
eineinhalb Zentner war damals ein unerhört großes Ereignis. Indessen
haben wir in guten Jahren diese Leistung als Durchschnittsertrag
übertroffen mit Spitzenerträgen von über drei Zentnern.

Was waren nun die Vorbedingungen zu
diesem überraschenden Erfolg? In erster Linie eine geräumige Beute oder
genauer ein unbeschränkter Brutraum, versehen mit dem nötigem Quantum
Wintervorräte. Beide Faktoren zusammen ermöglichten eine
ungebrochene, natürliche Entwicklung im Frühjahr ohne
Reizfütterung irgendeiner Art. Drittens — eine Raumerweiterung nach
Bedarf, ohne wesentliche Eingriffe und Störungen. Zuletzt, der
allerwichtigste Faktor für jeden imkerlichen Erfolg, eine hochwertige
Königin von leistungsfähiger Rasse und Abstammung.
Dieses Volk hätte bestimmt
kein Pfund Honig mehr gesammelt als die anderen auf diesem Stand ohne die
erwähnten Vorbedingungen, trotz der guten Königin. Dagegen wissen wir
aus bitteren Erfahrungen, daß all die genannten Vorbe­dingungen
zwecklos sind, in Wirklichkeit sich oft als Nachteil erweisen ohne eine
fruchtbare Königin von bester Abstammung. Wir wissen weiter, daß ein
Volk — mit diesen Vorbedingungen versehen — nicht nur die
höchsten Erträge liefert, sondern gleichzeitig den minimalsten
Arbeits- und Zeitaufwand unserer Zeit verlangt.

Kurz gefaßt: All mein
Erfolg beruht in erster Linie auf einer sorgfältigen Züchtung. Die
Beute oder genauer die Größe des Brutraums spielt auch eine wichtige
Rolle
.
Diese beiden Grundlagen sowie die
Betriebsweise entsprechen den Bedürfnissen unserer
Trachtverhältnisse. Wir haben keine Macht über Wetter und Tracht;
dagegen stehen uns die anderen Faktoren vollständig zu Gebote.
Jede Betriebsweise ist weitgehend
von der Beute abhängig, z.T. auch der endgültige Erfolg. So obliegt
mir folglich die Pflicht, über dieses Thema einige Worte zu sagen, bevor
ich mich an das Hauptthema wende. Ich glaube, es wird zudem lehrreich sein,
wenn ich den Entwicklungsgang der Beute — die wir heute verwenden —
hervorhebe denn meine Erfahrung ist nicht ausschließlich auf diese
beschränkt.

Die Beute ist ein gar wichtiges
Problem, praktisch und wirtschaftlich betrachtet — weniger, was die
Bedürfnisse der Bienen selbst anbelangt. In der Tat, ein Bienenvolk ist
äußerst anspruchslos und anpassungsfähig, was
Wohnungsbedürfnisse anbelangt. Ein hohler Baum, eine Kluft in Fels oder
Mauer, bieten ihm die naturbedingte Unterkunft seit seiner Schöpfung. Eine
moderne Bienenwohnung ist, praktisch gesehen, ein Werkzeug des Imkers. Je
bequemer, mit Je weniger Mühe und Zeitverbrauch er mittels einer Beute die
jahreszeitlich bedingten Arbeiten an einem Bienenvolk verrichten kann, desto
zweckentsprechender und wirtschaftlicher sein Werkzeug. Vollkommenheit einer
Beute ist nicht zu haben in einer kostspieligen Konstruktion, in einer Vielfalt
von Zubehör, sondern eher in einer extremen Einfachheit. Es ist wirklich
erstaunlich, wie man mit allerbestem Erfolg imkern kann, mit denkbar
einfachsten Beuten.

Ich mußte mich mit den
bescheidensten Notbehelfsbeuten einst begnügen. Der Brutkasten und die
Aufsätze bestanden aus 1,3 cm dünnem Holz. Boden und Deckbrett wurden
verfertigt aus Kisten aller Art. Das Dach aus Dachpappe. Nur zwischen Dach und
Deckbrett wurden Zeitungspapiere eingelegt, um einen
übermäßigen Verlust von Wärme zu verhüten. Zur
Winterzeit wurden diese Notbehelfsbeuten auch seitlich in Dachpappe
gehüllt, der Trockenheit halber. Ich konnte nie einen wahrnehmbaren
Unterschied im Ertrag bemerken zwischen den Völkern in doppelwandigen
Schutzbeuten und jenen in den dürftigen Notbehelfsbeuten. In dieser
Beziehung ließen die Notbehelfsbeuten wenig zu wünschen. Bis 1923
imkerten wir ausschließlich mit Englischem Vereinsmaß und seit
einigen Jahren mit zwei Brutkästen von je 10 Waben pro Volk. Mit der
allgemeinen Einführung und Verbreitung der Italiener-Biene kurz nach dem
ersten Weltkrieg erfuhr die Bienenzucht in England in wenigen Jahren einen
riesigen Aufschwung, zugleich einen nicht weniger großen Umschwung. Es
wurde alsbald weitgehendst erkannt, daß die Beuten und Betriebsmethoden
einer viel fruchtbareren Biene angepaßt werden mußten. Überdies,
daß eine rentable Imkerei vor allem auch eine weitgehende Vereinfachung
in der Konstruktion von Beuten und Zubehör verlangte, ja, eine
unumgängliche Notwendigkeit darstelle. Zum guten Glück war der
englische Imker damals schon befreit von vielen Problemen, die z.B. in der
deutschen Sprachzone immer zur Erwägung kommen, wie — ob Bienenhaus oder
Freiaufstellung, Hinter- oder Oberbehandlung, Warm- oder Kaltbau, usw. …

Im wesentlichsten
beschäftigen uns nur zwei Probleme: nämlich die, ob Doppel- oder
einfachwandige Beuten, und die eigentliche Größe des Brutraumes. Die
Mehrzahl der fortschrittlichen Imker war dem Langstrothmaß geneigt oder
wenigstens einer Beute dieser Konstruktion. Wo Wanderung zur Frage stand, kam
nur die amerikanische Beutenform in Betracht. Das war bei uns der Fall. Der
Langstroth-Brutraum ist jedoch zu klein für eine fruchtbare Königin.
Ich wollte nicht — wie in Amerika allgemein Brauch — mit zwei
Bruträumen imkern. Ich sah in der Tat keinen wesentlichen Vorteil zwischen
dem Langstroth- und dem Englischen Vereinsmaß. Ich wollte einen
Brutkasten von der Größe, der der fruchtbarsten Königin
genügen würde. Ich entschloß mich folglich für einen
Brutraum für 12 Dadantwaben. Dies ergab einen Brutkasten, der gleich breit
und lang ist, also mit einem Außenmaß 50,5×50,5 cm und einer
Höhe von 30,5 cm. Die Aufsätze sind genau die halbe Höhe und
fassen 10 Dickwaben. Nebenbei möchte ich bemerken: obwohl ich großen
Wert lege auf extreme Einfachheit einer Beute, so lege ich nicht weniger
Gewicht auf eine solide, dauerhafte Konstruktion aller Beutenbestandteile,
insbesondere auf jene der Wabenrahmen. Ein Sparen ist hier am falschen Platz
angebracht. Es gibt gewiß nichts Ärgerlicheres und Zeitraubenderes
in der Imkerei als Rähmchen, die ihre richtige Form nicht beibehalten,
oder Beutenteile, die vorzeitig versagen.

Die Größe der Beute
oder, genauer, der Rauminhalt vom Brutkasten ist wohl der einzige Faktor, der
einen wesentlichen Einfluß ausübt auf den Honigertrag. Ein Brutraum,
der die Legetätigkeit einer Königin beschränkt, vereitelt die
volle Entwicklung und folglich die maximale Leistungsfähigkeit eines
Volkes. Die eigentliche Volksstärke wird durch eine Beschränkung
dieser Art herabgesetzt und damit eine Gleichschaltung der Leistung
hervorgerufen. Eine Höchstleistung ist so ausgeschlossen und folglich auch
der reale Anhaltspunkt einer Leistungsbewertung. Ich möchte jedoch nicht
verhehlen, daß mir diese wichtigen Erkenntnisse damals noch nicht
bewußt waren.

Meine Entscheidung für das
modifizierte Dadantmaß sowie für einen Brutkasten von 12 Waben
dieser Größe beruhte ausschließlich auf betriebstechnischen
Erwägungen; ja — ich wurde damals von allen Seiten gewarnt,
daß es mit einem Brutmaß von diesem Ausmaß keine Ernte aus
der Heide geben würde, daß die ganze Tracht dort von den Bienen in
den Bruträumen aufgespeichert würde. Da diese Versicherung von
erfahrenen alten Imkern kam, konnte ich die Warnung nicht als unbegründet
abwälzen. Ich nahm diese nachteilige Möglichkeit in Kauf angesichts
der sonst überragenden betriebstechnischen Vorteile, die ein Brutraum
dieser Art birgt.
Die praktische Erfahrung brachte
sehr bald den Beweis, daß sich diese Fachleute sehr irrten. Eine
Umstellung dieser Art wäre selbstverständlich nie gerechtfertigt
gewesen ohne vorhergehende Versuche und Vergleiche. Die scheinbar
zuverlässigen Erwägungen, ob betriebs- oder produktionstechnischer
Art, müssen von der unerbittlichen Wirklichkeit der Erfahrung
bestätigt werden. Daher entschloß ich mich im folgenden Sommer 1924,
die Hälfte der Völker unserer drei Außenstände
umzulogieren. Die anderen 20 Völker auf jedem Stand verblieben auf
englischem Vereinsmaß. Obwohl der Sommer 1924 sehr ungünstig war,
konnte die Teilumstellung durchgeführt werden ohne besondere
Schwierigkeiten. Dafür erwies sich 1925 als ein gutes Honigjahr und
günstig für unsere Vergleichsversuche. Die Ergebnisse waren in
mancher Hinsicht überraschend. Es war mir alsbald klar, die neue Beute
entsprach nicht nur allen betriebstechnischen Anforderungen, sondern
übertraf auch konstruktionsmäßig alle Erwartungen-,
insbesondere in der Heide, was in den nachfolgenden Jahren immer erneut
bestätigt wurde. Die endgültige Umstellung aller Völker erfolgte
im Jahr 1930.

Ich bin mir
selbstverständlich voll bewußt, daß ein Brutkasten dieser
Größe nicht in jede Gegend paßt, insbesondere in jene nicht,
wo eine Frühtracht die einzige Honigernte gibt. (* siehe dazu die
Anmerkung am Schluß des Vortrages.
)  Überdies, wo mit
großen Bruträumen gearbeitet wird, sind Königinnen allerbester
Qualität und Abstammung unerläßlich.

Im deutschen Sprachgebiet kommt
fast nur die Aufstellung der Völker in Bienenhäusern in Betracht. In
südlichen Ländern und Im Nahen Osten begegnet man auch oft einer
gestapelten Aufstellung, in offenen Hütten mit Pultdach und hin und wieder
— wie in Zypern — ohne jegliche Schutzvorrichtung. Dagegen ist die
Einzelaufstellung sonst fast überall zu verwenden. Das Bienenhaus hat ohne
Zweifel seine Vorteile, die ich in Verbindung mit der Königinnenzucht auch
verwende. Sonst kommt nur die Freiaufstellung in Frage.
Die Vorteile der
Einzelaufstellung sowie der Oberbehandlung, die damit verbunden ist, sind so
bekannt, daß Erörterungen sich erübrigen. Sonderbar besteht
überall der Brauch — wo Freiaufstellung Verwendung findet —,
die Bienenstöcke in langen Reihen aufzustellen und alle mit derselben
Flugrichtung. Ich machte es einst auch so, entdeckte jedoch alsbald, daß
diese Anordnung recht unliebsame wirtschaftliche und betriebstechnische
Nachteile besaß. Das Verfliegen der Bienen ist gewiß viel
allgemeiner, als man bisweilen annahm. Es bestehen Unterschiede in dieser
Beziehung zwischen den verschiedenen Rassen und Stämmen; aber sie
verfliegen sich alle. Wo Krankheiten vorhanden sind auf einem Stand, ob bei der
Brut oder den erwachsenen Bienen, fördert die Stapelung und
Reihenaufstellung deren Verbreitung von Volk zu Volk auf die schnellste Weise.
Es wird jetzt auch weitgehendst erkannt, daß eine zuverlässige
Leistungsbewertung wirklich unmöglich ist mit dieser Art von
Aufstellungen. Das volle Ausmaß des Verfliegens kommt am krassesten zum
Vorschein nach einer Wanderung in die Heide. Ich erkannte dort den vollen
Umfang aller Nachteile einer Reihenaufstellung und deren Folgen. Seit 1922
verwende ich die Gruppenaufstellung. Meistens je vier Völker einer Gruppe.
Jedes Volk in einer Gruppe hat eine andere Flugrichtung. Ob Süd, West, Ost
oder Nord, macht im Ertrag absolut keinen Unterschied. Völker, so
aufgestellt, verhalten sich ruhiger, es gibt weniger Streitereien, insbesondere
im Herbst. Ein Abstechen oder Einknäuel der Königin —
verursacht durch das Verfliegen der Bienen — ist uns mit dieser
Aufstellung fast unbekannt.
Die Gruppenaufstellung hat
überdies noch wertvolle betriebstechnische Vorteile, die uns viel Zeit und
Mühe ersparen. Alle Beuten ruhen auf Zwillingssockeln aus Holz, mit einem
Abstand von 20 cm zwischen den zwei Beuten und annähernd 70 cm
zwischen den zwei Sockeln einer Gruppe. Wenn an einem Stock gearbeitet wird, so
kommt der nächste auf demselben Sockel als Tisch in Verwendung. Die
Zwillingssockel ruhen auf einer Betonplatte, und damit ist die waagerechte
Haltung der Beuten ständig gesichert. Die obere Kante des Brutkastens ist
etwa 60 cm vom Boden entfernt und steht so in einer bequemen Höhe zur
Verrichtung aller Arbeiten. Eine gar wichtige Kraft- und zeitsparende
Einrichtung für den Berufsimker.

Einst hielten wir bis zu hundert
Völker auf einem Stand. Heutzutage finden wir jedoch 40 als die
höchste und rentabelste Zahl. Unsere 320 Ertragsvölker sind momentan
auf 9 Stände verteilt, mit verschiedenen Böden und
Trachtmöglichkeiten. Die Haupttracht ist jedoch in allen Fällen der
Weißklee und die Heide.
Der große Nachteil von
Südwestengland ist, daß wir auf beschränkte
Trachtverhältnisse angewiesen sind, und daß zudem uns der höchste
Regenfall in ganz England beschert wird, die Seegegend im Nordwesten
ausgenommen! Die Großimker mit bis zu zweitausend Völkern befinden
sich in Gegenden, wo Esparsette und noch andere wertvolle Trachtpflanzen
vorkommen und wo der Regenfall nur ein Drittel des unsrigen mißt.
Südwestengland ist also kein Bienenparadies, und nur eine intensive
Bienenzucht kann sich hier lohnen.
Im jahrelangen, täglichen
Umgang mit Bienen gelangt der Berufsimker oft zu Kenntnissen, die den
Wissenschaftlern im Labor und der Mehrzahl der Imker meistens versagt bleiben.
Fürwahr, eine begrenzte praktische Erfahrung bietet immer die Gefahr zu
Folgerungen, die in der breiten Wirklichkeit ihre vorgesehene Gültigkeit
verlieren, ja sich hin und wieder als völlig irrig erweisen. Der
Berufsimker muß beim Kampf ums Dasein immer streng sachlich denken und
handeln. Muß besonders scharf unterscheiden zwischen unwesentlichen und
wesentlichen Betriebsangelegenheiten; muß sich auch hüten vor jeder
Voreingenommenheit. Eins ist jedoch sicher — Er wird keine
Betriebsmöglichkeit verpassen, die den Erfolg seines Bemühens in
irgendeiner Weise zuverlässig und wesentlich beeinflussen kann.

Zweifellos sind mir die Mehrzahl
der Betriebsweisen bekannt. Viele davon wurden von mir im Laufe der Jahre
weitgehend erprobt. Ja, einst verließ sich der englische Imker auf die
krassesten Eingriffe aller Art. Es ist nicht zu leugnen, daß hin und
wieder eine Vergewaltigung anscheinend glückte, aber bestimmt weit
öfter versagte und gar nicht selten mehr Schaden anrichtete als Vorteile
brachte. Wäre es uns gegeben, mit einem Maß Gewißheit Wetter
und Tracht im voraus zu bestimmen, so wäre mancher kühne Betriebseingriff
wirtschaftlich gerechtfertigt. So aber bleibt die Mehrzahl für immer eine
Glückssache von zweifelhaftem Wert. Gewiß bereiten viele dieser
listigen Manöver dem begeisterten Imker manchen Spaß. Aber der
Berufsimker kann sich auf solche Sachen nicht einlassen. Er muß seine
Betriebsweise einstellen auf einen sicheren und steten Ertrag unter
bestmöglicher Ausschaltung aller Zufälligkeiten.
Obwohl unsere
Imkerei gewiß intensiv betrieben wird, so stützt sich die
Betriebsweise auf die einfachsten und elementarsten Grundlagen sowie eine
strenge Vermeidung jeder nicht unbedingt nötigen Arbeit. Es ist wahrhaft
erstaunlich, wie wenig Möglichkeiten dem Imker zur Verfügung stehen,
die einen positiven Einfluß auf das Wohl und Gedeihen eines Bienenvolkes
ausüben und damit auf den endgültigen Erfolg der Imkerei. Wir kommen
nicht an der Tatsache vorbei: Im wesentlichen sind unsere Bemühungen
beschränkt auf eine vernünftige, fürsorgliche Pflege.

Von Anfang Oktober bis zum 1.
März überlassen wir die Bienen ihrem Geschick. Es geht oft der ganze
Winter vorbei, ohne daß ich einen Außenstand zu Auge bekomme. Alle
Völker werden im Herbst mit dem entsprechenden Quantum Wintervorrat
versorgt. Hauptsächlich mit Honig! Die Beuten mit den Dächern sind
mittels Draht an die Holzsockel befestigt, und so geben mir die heftigsten
Winterstürme keine Bedenken. Anfang März beeilen wir uns jedoch mit
dem Reinigen der Bodenbretter und einer flüchtigen Übersicht vom
Zustand der Völker. Die Mehrzahl unserer Bienenstände hat 40
Völker. Folglich halten wir eine entsprechende Anzahl von Bodenbrettern in
Reserve. Jeden Morgen fahren wir zu einem anderen Außenstand und tauschen
dort die Bodenbretter aus. Die schmutzigen Bodenbretter werden heim genommen
und dort in kochendem Wasser gereinigt und über Nacht getrocknet.
Bis Mitte März ist diese
Arbeit gewöhnlich beendet. Bis dorthin ist auch das Wetter warm genug zur
ersten flüchtigen Nachschau und zur Einengung der Völker auf die
Wabenzahl, die sie jeweils gut bedecken. Die Stärke von jedem Volk wird
notiert. Aus diesen Aufzeichnungen ist die durchschnittliche Volks stärke
zu ersehen; zugleich, welche der Völker hilfsbedürftig oder
überstark sind, zwecks Ausgleichen einige Wochen später. Ende
März erfolgt das Ausgleichen und Umweiselung der Völker. Beide
Unternehmen werden in einem Arbeitsgang verrichtet. Zwecks Umweiselung
muß die Mehrzahl der Königinnen sowieso ausgesucht werden, und so
können beide Operationen mit größter Arbeitsersparnis
gleichzeitig verrichtet werden. Selbstverständlich kann eine Gleichmachung
um diese Zeit nur erfolgen, wo mehrere Stände in Frage kommen. Der
Überschuß von Bienen und Brut wird von einem Stand zum anderen Stand
genommen, und so besteht keine Möglichkeit einer Rückkehr zum
Mutterstock. Auf diese Weise ist eine Gleichmachung viel zuverlässiger und
wirksamer. Das Ergebnis ist in Jedem Fall im voraus bestimmt. Ich betrachte die
Gleichmachung der Völker um diese Zeit als eine der wichtigsten
Maßnahmen unserer Betriebsweise. Die Vorteile sind vielseitig,
betriebstechnisch und wirtschaftlich. Wir können in der nachfolgenden
Entwicklungsperiode jeden Stand als eine Einheit behandeln. Wenn dieses oder
jenes Volk mehr Raum benötigt, so ist das der Fall mit jedem Volk. Dies
vereinfacht die Bedienung von jedem Stand ungemein. Nichts bedingt mehr Arbeit
und Zeitverlust in einem Großbetrieb als unter- und
überdurchschnittlich starke Völker während der
Entwicklungsperiode vor der Haupttracht. Die schwachen Völker — auf
sich selbst verlassen — erreichen gewöhnlich nie die nötige
Stärke bis zur Haupttracht, entwickeln sich oft erst auf Kosten der
Tracht. Dagegen vergeuden die überstarken Völker ihre Kraft oft in
eitler Schwärmerei, lange bevor sich die Tracht einstellt. Diese
Betriebsmaßnahme erwirbt überdies einen wirtschaftlichen Vorteil von
ausschlaggebender Bedeutung. Die Überlegung zeigt, die Erfahrung bringt
den Beweis, daß auf diese Weise die Gesamtstärke der Völker zur
Zeit der Haupttracht größer sein muß und in der Tat ist, als
es sonst der Fall wäre ohne Gleichmachung. Diese Tatsache spiegelt sich
selbstverständlich auf handgreifliche Art im Endergebnis, in der
Honigernte, wider,

Die allgemeine Umweiselung
erfolgt im März, denn um diese Jahreszeit verursacht sie am wenigsten
Arbeit und erzeugt keine unerwünschte Verminderung der Volksstärke.
Das Gegenteil ist der Fall, wenn diese Maßnahme im Sommer
durchgeführt wird. Eine Königin erreicht ihre Vollkraft und
höchste Fruchtbarkeit immer im Jahr nach ihrer Geburt und kann anscheinend
ihre volle Legemöglichkeit im Sommer, in dem sie geboren ist, nicht
entfalten. Diese Tatsache wird vielleicht mancher bezweifeln. Allerdings, unser
Betrieb mit den geräumigen Brutkästen und der Spättracht
erbringt immer wieder den Beweis der Richtigkeit dieser Feststellung. Das Geben
einer vorgeprüften Königin zu dieser Jahreszeit, die sich zugleich in
ihrer jugendlichen Vollkraft befindet, fördert dagegen die
Frühjahrsentwicklung wie wohl keine andere Betriebsmaßnahme. Ich
möchte nicht den Eindruck erwecken, daß wir nur im März
umweiseln. Gewiß, die allgemeine Umweiselung findet zu diesem Zeitpunkt
statt. Aber einzelne Völker werden umgeweiselt zu jeder Zeit, wenn
nötig. Notfalls werden auch neubegattete Königinnen verwendet, etwa
wenn die Reserve von vorjährigen erschöpft ist. Allerdings, ich
verwende ungern neubegattete, wegen dem schon erwähnten Nachteil und ob
der Schwierigkeit mit deren Zusetzen.

Obwohl ich während meiner
Imkerlaufbahn alle nennenswerten Zusetzmethoden erprobt habe — darunter
einige, die kaum in Deutschland bekannt sind —, weiß ich noch von
keiner, die man als zuverlässig betrachten kann im Fall neubegatteter
Weisel, und solche werden allgemein von der Imkerschaft zugesetzt, trotz der
großen Verluste! Meine Ansichten und Befunde bezüglich dem Zusetzen
von Königinnen sind bekannt. Sie wurden veröffentlicht in deutscher
Sprache vor 10 Jahren, Niedergeschrieben wurden sie vor bald 20 Jahren und
erprobt seit 1930. Seit der Veröffentlichung hatte ich weitere Gelegenheit
zur Erprobung meiner Ansichten in bezug verschiedener Rassen und Kreuzungen,
mit welchen ich bis dorthin keine Erfahrung hatte. Die weiteren Ergebnisse
bestätigen die Richtigkeit meiner vorhergehenden Befunde. Von einem
Rassenhaß, von dem öfters die Rede ist, konnte ich nie eine
Bestätigung finden. Es besteht allerdings kein Zweifel, daß
Jungköniginnen gewisser Rassen bedeutend nervöser veranlagt sind als
sonst der Fall und daß Königinnen, so veranlagt, sehr leicht eine
feindliche Gesinnung erregen und abgestochen werden zu jeder Zeit. Aber dies ist
in der Tat ein weiterer Beweis für die Richtigkeit meiner allgemeinen
Befunde. Kurz gefaßt: Die Annahme einer Königin ist nicht durch den
Geruch bestimmt, sondern durch ihr Benehmen. Eine vollreife Königin, also
eine, die sich schon längere Zeit in Eiablage befindet, verhält sich
ruhiger und kann mit absoluter Sicherheit zugesetzt werden, unter voller
Mißachtung aller bisher als unumgänglich betrachteten
Vorsichtsmaßnahmen. Der Geruch oder Volksgeruch — falls es einen
gibt, was ich bezweifle — spielt keine Rolle in der Annahme. Es ist
ausschließlich das Verhalten der Königin. Dieses Verhalten aber ist
abhängig vom Zustand der Königin zur Zeit ihrer Befreiung. Eine
frisch begattete Königin, die mit der Eierlage begonnen hat, ist
nervös und erschrickt leicht. Die geringste Störung, jede
Öffnung des Stockes, kann ihr Leben in Gefahr bringen. Im Laufe weniger
Wochen ändert sich ihr Verhalten grundlegend. Ihre Bewegungen sind
gesetzter, matronenhafter, ihre Reaktionen sind gleichmütiger. Wenn sie
etwa vier Wochen lang gelegt hat, ist sie volksreif Den Höhepunkt ihrer
Leistungsfähigkeit erreicht sie — wie schon betont — erst im
folgenden Jahr. Aber in ihrem Verhalten zeigt sie fürderhin keine wesentliche
Veränderung mehr. Die Frist, die ich für die Erlangung der Volksreife
angegeben habe, vier Wochen, muß etwas länger angesetzt werden im
Fall von Königinnen mit angeborener Nervosität oder gewisser
Bastarde. Nach meiner Erfahrung genügt in den extremsten Fällen die
Zeit von zwei Monaten. Es gibt wohl nichts Mißlicheres als den Verlust
hochwertiger Königinnen in der modernen Königinnenzucht, deren
Aufzucht viel Arbeit, Zeit und Geld kostete. Die Folgen des Verlustes sind oft
noch schwerwiegender. Sie kommen in klarster Form zutage am Ende der Tracht und
bei der Ernte.

Bei der allgemeinen Umweiselung
im März fahren wir jeden Morgen zuerst zur Belegstelle, wo die
letztjährigen Königinnen begattet und überwintert wurden sowie
inzwischen gleichzeitig ihre Vorprüfung auf vier Dadanthalbwaben
bestanden. Der Winter auf der Dartheide ist sehr schneereich, kalt und rauh.
Die Vorprüfung in den kleinen Völkern ist folglich streng. Die Zahl
der Königinnen — die wir jeweils zur Umweiselung im Lauf des Tages
benötigen — wird in kleine Drahtkäfige verbracht, mit je vier
Begleitbienen und mit Futterteig versehen. Auf dem Außenstand werden die alten
Königinnen auf gleiche Weise in Käfige verbracht und noch abends den
weisellosen Begattungsvölkchen zugesetzt, wo sie bis Mitte Mai verbleiben.
Die jungen Königinnen werden sofort — bei Wegnahme der alten
Königinnen — den Ertragsvölkern im Drahtkäfig, mit
Begleitbienen und Zuckerteigverschluß zugesetzt und von dem jeweiligen
Volk innerhalb weniger Stunden befreit. Sofort nach der Befreiung
übernehmen die Königinnen ihre normale Betätigung, wie wenn nie
etwas geschehen wäre. Falls aus irgendeinem Grund erwünscht, so kann
eine Nachschau erfolgen zu jeder beliebigen Zeit‘ sogar am selben Tag des
Zusetzens ohne jede Gefahr. Ich habe es schon oft getan. Einen Verlust einer
Königin — zugesetzt auf diese Weise — im Frühjahr, Sommer oder
Herbst konnten wir bis jetzt nie verzeichnen, außer, es war ohne unser Wissen
eine unbegattete Königin vorhanden, was hin und wieder vorkommt. Nach
meinem Ermessen ist diese Zusetzmethode sowie eine entsprechende Reserve von
vorgeprüften Königinnen der Schlüssel zu unserem Erfolg. Ohne
eine sichere Zusetzmethode bleibt das wirtschaftliche Ergebnis einer modernen
Imkerei weitgehend dem Zufall überlassen, abgesehen von Wetter und Tracht,
über die wir keine Gewalt haben, ist die Königin der Urquell des
Gedeihens und der Leistungsfähigkeit eines Volkes. Durch das Zusetzen
einer vollreifen Königin sind wir imstande, die Haupttriebfeder des
Volkslebens zu erneuern, um die Bienen ständig auf dem Höchststand zu
erhalten. Eine absolut sichere Zusetzmethode ist folglich eine
unumgängliche Notwendigkeit einer jeden Betriebsweise.

Bei der allgemeinen Umweiselung
erhalten ca. zwei Drittel der Ertragsvölker junge Königinnen. Die
besten der zweijährigen Königinnen bleiben einstweilen in den
Ertragsvölkern, die auserlesensten davon werden Anfang Mai vergeben an
Institute, Vereine und Berufsimker für Zuchtzwecke. Nach der
Gleichmachung, Ende März, sitzen die Völker gewöhnlich auf 7
Dadantwaben. Die durchschnittliche Volks stärke ist mehr oder weniger
bestimmt von den Trachtverhältnissen auf der Heide im vorhergehenden
Herbst. In Jahren., in denen die Tracht total versagt, was hin und wieder
vorkommt, kann das den nahen Zusammenbruch der Völker bedeuten, wie 1947,
wo die Ertragsvölker nach der Gleichmachung knapp 4 Waben besetzten.
Extreme Volks stärke zu diesem Zeitpunkt ist jedoch nicht erwünscht.
Wir haben keine Frühtracht von Bedeutung. Eine mittelmäßige
Volksstärke ergibt allgemein die beste Entwicklung und endgültige
maximale Volks stärke zum richtigen Zeitpunkt. Jeder erfahrene Imker
weiß, daß sich ein Ableger vom vorhergehenden Jahr oft besser
entwickelt und weit bessere Erträge gibt als ein Volk, das überstark
ist im zeitigen Frühjahr. Der Sachverhalt ist selbstverständlich total
anders, wo eine ergiebige Frühtracht lockt. Ausgesprochene
Frühtrachtgegenden gibt es wohl keine in England. Bei uns in
Südwestengland kommt nur eine Entwicklungstracht in Frage von Schlehe,
Weißdorn, Ahorn und Apfelblüte-, Steinobst sowie Birnen gibt es bei
uns nicht. Ahorn und Weißdorn sind ohne Zweifel unsere ergiebigsten
Frühtrachtquellen, versagen jedoch oft. Nach der Gleichmachung und
Umweiselung bleiben die Völker unberührt bis annähernd Mitte
April. Sie werden bis dahin eng gehalten, falls sich das Wetter inzwischen zu
ungünstig gestaltet hat, andernfalls sollte jedes Volk um diese Zeit eine
weitere Wabe bekommen und 10 Tage später wiederum eine weitere. Die
Erweiterung erfolgt schrittweise bis Ende Mai/Anfang Juni, wo jedes Volk seine
volle Zahl von 12 Brutwaben besitzt.
Waben oder Mittelwände
— es muß jedes Volk seine Mindestzahl von 3 Mittelwänden
jährlich ausbauen — werden immer an der Außenseite,
nächst dem Schiedbrett oder der entgegengesetzten Außenwand
eingesetzt. Wir üben keinen Zwang aus auf ein Volk. Die Erweiterung des
Brutnestes muß aus eigenem Drang erfolgen. Ein Dazwischenhängen
kommt bei uns nicht in Frage, nur ausnahmsweise und dann nur
vorübergehend, so wenig wie eine Einschränkung des Brutnestes oder
die Ausweitung der Brut, wie einst in England praktiziert wurde. In der Tat,
vor 40 bis 50 Jahren stützte sich der englische Imker weitgehend auf
Vergewaltigungen dieser Art. Die Imker von damals hatten auch ein besonderes
Instrument zum Aufritzen des verdeckelten Honigs im Brutraum, zwecks
Förderung der Entwicklung. Man verließ sich damals auf die
erstaunlichsten Eingriffe aller Art. Ich machte den Unfug mit. Es wurde auf
diesem Wege ohne Zweifel viel Unheil angerichtet, aber kaum je ein positiver
Vorteil erreicht, ausgedrückt in einem Mehrertrag, und das ist doch entscheidend.
Es müßte sonst den Berufsimkern von heute schlecht ergehen, wenn
keiner von ihnen verläßlich bei uns auf so extreme Eingriffe zur
Förderung der Entwicklung der Völker verzichtete. Ich habe auch noch
nie von einem Fall gehört, wo ein Sport- oder Kleinimker mit Hilfe solcher
Betriebsmaßnahmen einen höheren Durchschnittsertrag erzielte als ein
Berufsimker. Das bleibt die entscheidende Frage im Fall jeder Be­triebsmaßnahme,
wenigstens für den wirtschaftlich denkenden Imker. Ohne jeden Zweifel
machen solche Eingriffe manchen viel Spaß, aber ein wesentlicher Vorteil
bleibt wohl immer dahingestellt. Ich betonte soeben, daß ein
Dazwischenhängen bei uns nur ausnahmsweise in Betracht käme, und das
eigentlich nur im Fall von Mittelwänden. Normalerweise werden alle
Mittelwände außen am Brutnest eingehängt. Sie können zu
jeder beliebigen Zeit dort eingehängt werden, auch wenn keine Tracht
besteht, ohne eine Störung der

Entwicklung und ohne daß
die Mittelwände beschädigt werden. Jeder weiß, was geschieht,
wenn Mittelwände zwischen Brut eingehängt werden ohne Tracht. Der
Großimker kann unmöglich allen seinen Völkern Mittelwände
geben zum günstigsten Zeitpunkt. Er muß sie einhängen, wenn
sich eine Gelegenheit gibt, folglich dann an die Außenseite des
Brutnestes. Dort können die Bienen sie besetzen und ausbauen, wenn es
ihnen beliebt. Sie werden an dieser Stelle auch am schönsten ausgebaut.
Allerdings, wenn gewisse Bastarde in Frage kommen, ist der Sachverhalt anders.
Diese verderben die Mittelwände an der Peripherie vom Brutnest mit
übermäßigem Drohnenbau; werden sie jedoch eingehängt
zwischen Waben mit Brut, so führen sie den schönsten Arbeiterinnenbau
auf Sie werden dennoch, sobald sie ausgebaut sind, an die Außenseite
versetzt, was uns allerdings viel Sonderarbeit verursacht. Es ist jedoch der
einzige Ausweg mit gewissen Bastarden.

Nach dem Vorhergesagten wird wohl
schon mancher vermutet haben, daß eine Reizfütterung bei uns keine
Rolle spielt. Das ist auch in der Tat so. Einst wurde bei uns die
Frühjahrsreizfütterung als eine unerläßliche
Betriebsmaßnahme betrachtet. Sie wurde auch zeitig begonnen. Jedes Volk
bekam zu Weihnachten eine Schachtel Kandis, eine besondere Art von Zuckerteig.
Nachfüllungen von ein oder zwei Pfund erfolgten bis Ende Februar. Danach
wurde warme Zuckerlösung allabendlich, in kleinen Portionen, verabreicht.
Ich machte diesen teuren Sport einst auch mit. Heutzutage kommt eine
Fütterung nur in Frage, wenn unbedingt notwendig. Ich flittere immer recht
ungern. Eine Fütterung im April oder im Mal gibt stets Anlaß zu
einem Übermaß von Drohnenbau und Aufzucht von Drohnen. Später,
im Juni und Juli, kann eine Fütterung eine arg unliebsame Schwärmerei
erwirken. Aber hin und wieder muß geflittert werden, wenn die Not dazu
zwingt, trotz aller Nachteile- Auch gibt es Jahre, in denen vom Frühjahr
bis zum Herbst geflittert werden muß, um die Völker zu erhalten. In
den Jahren 1936, 1946, 1956 herrschten bei uns solche extremen Notstände.
Wenn geflittert werden muß, dann nie weniger als 5 bis 6 Liter auf einmal.
Auf diese Weise wird viel Zeit erspart, und die Ergebnisse der Fütterung
erweisen sich auch wirtschaftlich günstiger. Die Konzentration der
Lösung bleibt immer gleich, 2 Teile Zucker und 1 Teile Wasser. Unsere
besondere Futtervorrichtung darf nicht unerwähnt bleiben, denn sie
übt einen wesentlichen Einfluß auf unsere Betriebsweise aus. Wohl
keine andere Einrichtung, von mir eingeführt, hat uns mehr Arbeit und Zeit
erspart als diese. Unsere Betriebsweise wäre ohne diese Einrichtung kaum
durchführbar. Vor 1917 wurde, wenn eine Fütterung für nötig
erachtet, Kandis gefüttert, wie es damals allgemein Brauch war. Diese Art
von Fütterung ‚ist wohl die kostspieligste, die es gibt. Im Jahre 1917
führte ich die Dosenfütterung ein, nach amerikanischem Beispiel und
wie neuerlich hier propagiert. Zu diesem Zweck verwendete ich Honigdosen, die
28 Pfund faßten. Diese Dosenfütterung war gewiß ein
großer Fortschritt von all den damals gebräuchlichen
Fütterungsmethoden. Sie hat jedoch gewisse Nachteile: man benötigt
leere Honigräume als Schutz, was in unserem Fall nicht ausführbar
war. Bei schnellem Temperaturanstieg frühmorgens besteht die Gefahr,
daß sich ein Teil der Zuckerlösung über den Bienen entleert.
Auch der letzte halbe Liter rinnt gewöhnlich über das Volk-, der ganze
Inhalt, wenn sich mittels Rost das kleinste Lochlein in der Dose gebildet hat.
Blechdosen, wenn sie so verwendet werden, rosten gar schnell. Diese Art
Fütterung verleidete mir endgültig der Herbst 1932, als nach einer
stürmischen Nacht sie sich überall befanden, nur nicht am richtigen
Platz. Der Futtertrog aus Holz war das Ergebnis. Der Futterapparat hat genau
dieselbe Größe wie der Brutkasten, aber nur 5,5 cm hoch, und
faßt 6 Liter Zuckerlösung. Er wird direkt über dem Brutkasten
angebracht, und das Kastendeckbrett schließt den Futtertrog oben ab. Im
Original ist eine Vorrichtung für Reiz- sowie Schnellfütterung. Die
erste Einstellung wurde jedoch kaum benützt. Die Reinigung des Apparates
erfolgt durch die Bienen. Dieser Futtertrog bewährte sich besonders
vorzüglich auf der Belegstation, er erwies sich als ideale Lösung
einer Serie von Problemen, die bis dorthin und nun auf möglichst einfache
Weise — mittels dieses Apparates — erledigt wurde. Bis zur
Einführung des Futterapparates wurde immer warm gefüttert, was
wiederum viel Zeit und Arbeit in Anspruch nahm.

Die Warmfütterung hatte
überdies sehr große betriebstechnische Nachteile, die ich damals
noch nicht voll erkannte. Die Kaltfütterung dagegen sehr wichtige
Vorteile, abgesehen von dem Sparen des Heizmaterials, der Arbeit und der Zeit.
Die Bereitungsweise könnte nicht einfacher sein. Der Kristallzucker wird
im kalten Wasser aufgelöst, und zu diesem Zweck verwenden wir einen
offenen Behälter, der annähernd 1,5 Tonnen Zuckerlösung
faßt. Das vorbestimmte Quantum Wasser läßt man zuerst in den
Behälter laufen, dann wird die entsprechende Anzahl Zentner in das Wasser
geschüttet, nach jedem Zentner wird gerührt und — nachdem das
volle Quantum Zucker im Behälter ist — wird die ganze Masse leicht
in Bewegung gehalten auf die Dauer von 15 Minuten. Die Zuckerlösung ist
dann noch trübe, jedoch bereit zur sofortigen Fütterung. Die
vollständige Klärung nimmt eine Stunde in Anspruch, die wir jedoch
nicht abwarten, Die Vorbereitung von 1,5 Tonnen Zuckerlösung nimmt eine
halbe Stunde in Anspruch. Die Lösung wird mit der Honigpumpe,
motorbetrieben, in ein Faß gepumpt, das sich im Lieferwagen befindet und
so zu den Bienenständen transportiert wird. Dort angekommen, wird in
Gießkannen abgefüllt, und mittels dieser werden die Futtertröge
gefüllt. Innerhalb 12 Stunden hat die Zuckerlösung die
Stockwärme angenommen. Eine Räuberei kommt mit der Kaltfütterung
und diesem Futtertrog nicht vor. So kann zu jeder Tageszeit ohne Bedenken
gefüttert werden. Die ganze Einrichtung ist so vortrefflich und
zeitsparend, daß zwei Personen ohne Mühe 320 Völker in einem
Tag füttern können, die Bereitung der Futterlösung mit
eingeschlossen und die Außenstände in Entfernungen bis zu
15 km. Die Zuckerfütterung in der modernen Imkerei ist ohne Zweifel
ein Übel, aber ein Übel, das weitgehend unvermeidlich ist, wenigstens
in allen Ländern mit einer klimatischen Unbeständigkeit wie in
England. Folglich ist eine entsprechende Einrichtung für die Vorbereitung
der Zuckerlösung und Fütterung eine wichtige betriebstechnische
Angelegenheit.

Mitte Mal — zur Zeit der
Apfelblüte — erhalten unsere Ertragsvölker den ersten Aufsatz,
also eher, als sie die volle Wabenzahl im Brutraum besitzen. Würden wir
warten mit dem Aufsatzgeben, bis sie alle 12 Waben benötigen, so
würde sich Schwarmneigung einstellen, noch vor Ende Mai. Gibt man dagegen
den Aufsatz, sobald die Bienen 9 Brutwaben bedecken, so geht die
Weiterentwicklung vorwärts ohne Unterlaß.
Wir verwenden
Rundstababsperrgitter von besonders starker Konstruktion. Vor vielen Jahren
verwendeten wir keine Absperrgitter, aber es stellte sich heraus, daß die
Nachteile größer waren als die Vorteile, welche so erzielt wurden.
Wie schon erwähnt, so muß jedes Volk im Jahr eine Mindestzahl von drei
Mittelwänden im Brutkasten ausbauen. Der erste Aufsatz wird, wenn
möglich, mit einigen ausgebauten Waben versehen, aber sonst nur mit
Mittelwänden.
Unsere Völker müssen
jedes Jahr notwendigerweise viel bauen. Ich betrachte die periodische
Bauerneuerung im Brutraum als eine unumgängliche Vorsichtsmaßnahme
zur Verhütung von Bienenkrankheiten. In der Tat, wir wissen, daß
eine erfolgreiche Ausmerzung von Brutkrankheiten sowie der Nosema nur auf diese
Weise möglich ist. Das Ideal ist ohne Zweifel die totale Bauerneuerung
alle vier Jahre, wie auch von uns einst angewandt. Sobald die
Ertragsvölker ihre maximale Volksstärke erreicht hatten, also gegen
Ende Juni — kurz vor der Haupttracht -, wurden jedes Jahr 80 Völker
in sterilisierte Beuten, mit Mittelwänden versehen, umlogiert und eine Woche
später ein Aufsatz gegeben. Die Brut mit genügend Bienen wurde
inzwischen abseits gestellt und, sobald geschlüpft, den
Ertragsvölkern zu­rückerstattet. Die Ernteergebnisse vom
Weißklee wurden durch dieses Verfahren kaum merklich beeinflußt.
Allerdings in der Heide wurde ein solches Ausmaß der Bauerneuerung
unwirtschaftlich trotz der sonstigen Vorteile. So sahen wir uns zu einem
Kompromiß gezwungen, wie schon angedeutet. Die zwei ältesten Waben
kommen Ende Juni an die Außenseite vom Brutnest. Sie werden entfernt vor
der Wanderung in die Heide-, die dritte Wabe wird im folgenden Frühjahr
entfernt.

Der Eingriff zwecks Neuordnung
des Brutnestes Ende Juni, der durch diese Art der Bauerneuerung bedingt ist,
bringt oft unerwünschte Folgen mit sich. Das Umhängen der alten Waben
und die Unruhe, die damit verursacht wird, rufen oft eine Stockung hervor und
geben Anlaß zum Schwärmen. Unsere Betriebsmethodik verlangt eine
scharfe Überwachung der Ertragsvölker während der
Entwicklungsperiode der Schwarmzeit. Von Ende März bis Ende Juni
dürfen nicht mehr als zwei Wochen vorbeigehen ohne eine Kontrolle. Ich
habe also zu jeder Zeit den Finger auf dem Puls der Entwicklung. Diese
periodische Nachschau ist hauptsächlich zur Feststellung der Qualität
einer jeden Königin. Falls eine unseren Anforderungen nicht nachkommt,
wird sie sofort ersetzt ohne Erbarmen. Während der Schwarmzeit erfolgte
eine Nachschau alle acht Tage. Von Ende Juli — nach Entnahme der zwei alten
Brutwaben ­erfolgen keine Untersuchungen mehr bis zur letzten Kontrolle
nach der Einwinterung, Ende September. Außer der Schwarmzeit nimmt eine
Untersuchung nur immer wenige Minuten in Anspruch. Ein Blick auf die ersten
zwei oder drei Brutwaben erteilt uns die nötige Auskunft in der Mehrzahl
der Untersuchungen. Gegen Ende Juni erreichen unsere Völker ihre
höchste Volksstärke, und damit den Zeitpunkt, in dem sich die ersten
Anzeichen einer Schwarmneigung offenbaren. Unsere Hauptschwarmzeit
beschränkt sich auf die Periode zwischen dem 5. Und 20. Juli. Früher,
als wir noch mit der einheimischen Biene und einem Brutkasten mit Englischem
Vereinsmaß imkerten, waren Schwärme im April gar keine Seltenheit.
Im Mai war damals die Hauptschwarmzeit. Mit der Einführung der
Italiener-Bienen und der Verwendung von zwei Bruträumen pro Volk verschob
sie sich gegen Ende Juli. Eine Schwarmbienenzucht und Schwarmpflege ist in
England heutzutage unbekannt, es gibt nur eine Schwarmverhinderung.
Das Schwärmen ist ohne
Zweifel das große Problem, der Stein des Anstoßes des modernen
Imkers, ganz besonders des Großimkers mit Außenständen,
verstreut in Entfernungen von vielen Meilen.
Wie die Betriebsweisen
anscheinend das Steckenpferd der deutschen Imker sind, so die Schwarm­verhinderungsmethoden,
deren es Legionen gibt, das des englischen Imkers. Aber auch hier hat sich im
Laufe der Jahre langsam eine Stille eingestellt. Die Wogen der Ideen haben sich
gesenkt, zerschellt an den Klippen der praktischen Erfahrung. Es besteht nur
eine sichere Schwarmverhinderung:, Die Wegnahme der Königin, sobald sich
Schwarmanzeichen in einem Volk bemerkbar machen.

Das war auch die Methode, die ich
einst unterschiedslos anwendete, als ich noch im Englischen Vereinsmaß
imkerte, und jetzt noch im Notfall anwende. Dieses Verfahren besitzt viele
beachtenswerte wirtschaftliche Vorteile. Fürwahr, ginge es nicht um unsere
Spättracht, so würde ich dieses Mittel heute noch anwenden im
beschränkten Maß. Wie schon erwähnt, zeigen sich die ersten
bSchwarmanzeichen gegen Ende Juli, also zu Beginn der Haupttracht. Wenn zu
diesem Zeitpunkt die Königin weggenommen wird und ich das Volk für
zehn Tage weisellos lasse, dann alle Wei­selzellen zerstöre und danach
eine junge begattete Königin zusetze, so erspare ich mir unendlich viel
Arbeit und Mühe und — was noch wichtiger ist — erhalte einen weit
höheren Ertrag vom Weißklee als sonst der Fall. Nach Annahme der
jungen Königin und sobald unbedeckelte Brut vorhanden ist, stürzt
sich das ganze Volk auf die Tracht und arbeitet mit einer Energie, die man
sonst nur in einem Schwarm zu sehen bekommt.
Diese Schwarmverhinderungsweise
hat überdies weitere wichtige Vorteile. Die annähernd zwei Wochen
andauernde Unterbrechung im Brutgeschäft und in der darauffolgenden
Nachkommenschaft besitzt einen wesentlichen Einfluß in der Verhütung
sowie der Ausmerzung von Brutkrankheiten (die bösartige Faulbrut
ausgenommen) und nicht zuletzt jene der erwachsenen Biene. Die Unterbrechung
erzielt weiter eine beachtliche Verminderung in Volksstärke sofort nach
Ende der Tracht, also zu einem Zeitpunkt, wo eine Überstärke ein ganz
bestimmter Nachteil ist. Ein Volk, so behandelt und in diesem Zustand, geht in
den Winter ausschließlich mit jungen Bienen, und es ist wahrlich
erstaunlich, mit welcher Energie die Entwicklung im Frühjahr vonstatten
geht, im Vergleich mit jenen, die nicht so behandelt wurden. Mit diesem
Verfahren ist man nie im Zweifel: Geht oder geht es nicht. Die
betriebswirtschaftlichen Vorteile, wenn nur eine Tracht um Weißklee in
Frage kommt, stehen unübertroffen.
Diese Schwarmverhinderungsweise
hat in unserem Fall einen ganz wesentlichen Nachteil. Die Volksstärke, die
wir auf der Heide unbedingt benötigen, ist im August nicht vorhanden : 1.
Wegen der zweiwöchigen Unterbrechung im Brutgeschäft zu dem
entscheidenden Zeitpunkt und 2. der Tatsache, daß neubegattete
Königinnen nie so legefreudig sind wie vorjährige. Es ist klar zu
ersehen, daß uns keine andere Möglichkeit blieb, die
Schwarmverhinderung mit einem anderen Mittel zu erzielen, mit einem, das
weitgehend die höchste Volks stärke erhält für die Heidetracht
im August.
Anscheinend kommt nur eine
Methode in Frage, die allerdings viel Arbeit verursacht und gewiß nicht
die idealste Lösung des Problems darstellt, nämlich eine
wöchentliche Kontrolle aller Völker während der Schwarmzeit und
Wegnahme einer jeden Schwarmzelle, wo immer sie vorgefunden wird.
Die Arbeit ist nicht gar so
schlimm, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Die Kontrolle erfolgt
sowieso, jetzt allerdings in kürzeren Abständen. Ein Blick in den
Brutraum auf die ersten paar Waben genügt zur Feststellung, ob alles in
Ordnung ist. Falls Schwarmanzeichen vorhanden sind, müssen alle
Weiselzellen zerstört werden. Legt die Königin noch gut, so besteht
die Wahrscheinlichkeit, daß bei der nächsten Untersuchung keine mehr
vorzufinden sind, was auch sehr oft der Fall ist. Wenn bei der nachfolgenden
Untersuchung jedoch wieder Weiselzellen vorhanden sind, so erfolgt dieselbe
Operation, bis alle Schwarmneigung versiegt.
Hin und wieder gehen
Königinnen verloren, welche ersetzt werden müssen. Diese Völker
sind dann für die Heidetracht von keiner nennenswerten Bedeutung. Aber
ihre Zahl ist nie beträchtlich und in jedem Fall unvermeidlich. Ich
hätte eigentlich schon vorher erwähnen sollen, daß bei uns nie
eine Königin zugesetzt wird, ohne daß ein Flügel gestutzt ist.
Dies verhindert das Schwärmen nicht, aber ein Schwarm kann nie
durchbrennen, muß immer wieder zurück ohne eine Königin. Das
Stutzen der Flügel erspart den Verlust vieler Schwärme sowie aller
Gefahren, Mühe und Arbeit, die mit dem Einfangen verbunden sind. Ich
weiß, was das bedeutet. Unsere Umgebung ist baumreich. Einen Schaden oder
Nachteil — durch das Stutzen der Flügel verursacht — habe ich
in 40 Jahren nie bemerkt. Ein Großlinker mit vielen Außenständen
könnte ohne diese einfache Vorsichtsmaßnahme kaum mit Erfolg imkern.
In der Tat, das Stutzen der Flügel wird bei uns als eine elementare
Selbstverständlichkeit angesehen.

Bei den Untersuchungen
während der Schwarmzeit, die ja zugleich die Zeit der Haupttracht ist,
werden bei uns weitere Honigaufsätze gegeben, jeder weitere Aufsatz mit
Mittelwänden versehen, was bei uns immer der Fall ist; während der
Weißkleetracht wird ein weiterer Aufsatz immer über den
vorhergehenden Aufsatz gestellt. Oben angebracht, verursacht die Raumgebung
nicht die geringste Störung, erspart uns viel Arbeit und bietet noch den
weiteren Vorteil, daß an dieser Stelle die Mittelwände am
schnellsten ausgebaut werden. Überdies bietet diese Methode die
Gewähr, daß — wenn plötzlich eine Wendung im Wetter
eintritt — der Honigsegen nicht über zuviel Honigwaben ausgebreitet
wird. Wir können auch so ohne Mühe jederzeit von oben feststellen nur
durch Abnahme des Deckels ob Raummangel besteht. Bei guter Tracht ist das ein
wichtiger Vorteil, denn hin und wieder kommt es vor, daß eine schnelle
Kontrolle zwischen den wöchentlichen Untersuchungen sich als
unerläßlich erweist. Gegen Ende der Tracht wird die Stellung der
Aufsätze verändert. Diese Arbeit erfolgt gleichzeitig mit der letzten
wöchentlichen Untersuchung vom Brutnest. Der obige Aufsatz kommt nun auf
das Absperrgitter, weil noch nicht voll, und der bisher unterste kommt ganz
nach oben. Das erlaubt die Abnahme der vollen Aufsätze zu der beliebigen
Zeit ohne weitere Störung und bringt zugleich den noch nicht vollen in die
günstigste Lage, was die Bienen anbelangt; denn gegen Trachtschluß
kommt die Neigung zur brutnahen Honigstapelung stark zum Vorschein. Wir
schleudern gewöhnlich nicht vor Ende der Tracht oder bis leere
Aufsätze nötig sind zur Wanderung in die Heide. So kommt es hin und
wieder vor, daß nach einer guten Tracht ein Stand einem
Wolkenkratzerviertel in Miniatur ähnelt, ein Traumund Wunschbild eines
jeden Imkers.

Ertragsunterschiede zwischen den
Völkern gibt es immer, genau so wie Unterschiede in der besten Familie.
Die Dartheide, eine Hochebene mit Granitgestein, gibt uns in günstigen
Jahren mittels Wanderung eine gute Tracht, die allerdings eine sinnvolle
Ausnützung und ganz bestimmte Voraussetzungen verlangt. Wie immer wieder
angedeutet, ist unsere Betriebsweise weitgehend eingestellt, diesen
Vorbedingungen vollauf zu entsprechen. Nur extrem starke Völker erzielen
dort die gewünschten Ergebnisse. Auf der Dartheide blühen die ersten
Einzelsträucher der calluna annähernd am 25. Juli. Es dauert
gewöhnlich noch weitere drei Wochen, bis die Heide in voller Blüte
steht. Sie honigt selten vor dem 15. August und fast nie nach dem 5. September.
Die Tracht setzt oft plötzlich ein und hält oft nur wenige Tage an.
Es gibt auch Erica cinerea L. und Erica tetralix L. auf der Dartheide.
Aber diese blühen früher und kommen bei uns kaum in Betracht, sind
außerdem unerwünscht, da der Honig minderwertig ist.

Die Wanderung beginnt fast alle
Jahr am 28. Juli und nimmt annähernd 10 Tage in Anspruch. Der Transport
beginnt vor Sonnenaufgang, folglich wird jeden Tag nur mit einem Stand von 30
bis 40 Völkern — mit allem Zubehör — gewandert. Die
Entfernungen schwanken zwischen 25 und 50 km.
Die nötigen Vorbereitungen,
das Anbringen der Wandergitter und der Befestigungsstäbe erfolgt tags
zuvor. Wir verwenden seit bald 40 Jahren eine sehr einfache und effektive
Vorrichtung zur Befestigung der Beuten. Auf der Unterseite eines jeden
Bodenbrettes sind zwei Messingplatten angebracht mit einem Gewinde. Diese
Messingplatten sind ständig am Bodenbrett befestigt, eine vom und die
andere hinten. Im Holzrahmen des Gitters sind an entsprechender Stelle auch
zwei dünne Stahlplatten, mit einem 6-mm-Loch in der Mitte, angebracht, die
als Unterlegscheiben dienen. Zwei 6-mm-Rundstäbe, mit einem Gewinde an
einem Ende und einer Flügelmutter am anderen Ende befestigt, umfaßt
die ganze Vorrichtung. Zur Befestigung der Beutenstelle läßt man das
Gewinde der Rundstäbe durch die Unterlegscheiben an der inneren Beutenwand
entlangfallen, dann wird mittels der Flügelmutter in die Messingplatte am
Bodenbrett unten eingeschraubt. Auf diese Weise werden Bodenbrett, Brutkasten,
Aufsatz und Wandergitter gleichzeitig zusammengeschraubt. Gitter und
Schraubstöcke werden tags zuvor angebracht, der Befestigungsstab wird
jedoch vom nicht fest angeschraubt. Bei der Ankunft am Morgen wird ein
Verschlußbrettchen in das Flugloch geschoben, dann der vordere Stab voll
angeschraubt und damit das Verschlußbrett gleichzeitig befestigt, danach
ist das Volk wanderbereit. Bei jedem Transport von Bienen, wie z.B. beim
Gleichmachen der Völker im Frühjahr, kommt diese Vorrichtung in
Verwendung. Sie ist einfach, billig, absolut zuverlässig und
beschädigt die Beuten oder Beutenteile auf keine Weise. Eine absolut
zuverlässige Schließvorrichtung ist beim Wandern mit Bienen eine der
elementarsten Vorsichtsmaßnahmen und Notwendigkeiten.

Die Behandlung der Völker
auf der Heide bezieht sich ausschließlich auf das Raumgeben, wenn Zeit,
Wetter und Tracht günstig sind. Die Tracht kann sich plötzlich
einstellen mit einer Intensität, die ans Unglaubliche grenzt. Das
Raumgeben erfolgt in gleicher Weise wie bei der Frühtracht. Die leeren
Aufsätze werden immer oben angebracht. Den eigentlichen Zustand und die
Stärke der Völker kann jetzt kein Eingriff oder Pflegemaßnahme
verändern. Die nötigen Bienen sind entweder vorhanden oder nicht
vorhanden- Hier muß ich eine wichtige Tatsache hervorheben, nämlich
die Bedeutung von einem geräumigen Brutkasten und dessen Einfluß auf
die Ernteergebnisse auf der Heide. Ein Beispiel aus meiner Erfahrung zu diesem
Punkt soll dies klar hervorheben. Im Jahre 1933 hatten zwei Imker ihre Völ­ker
unweit von den unsrigen aufgestellt. Beide imkerten mit Englischem
Vereinsmaß. 1933 war ein gutes Honigjahr, und kurz nach Ende der
Heidetracht hatte ich Gelegenheit, mich zu erkundigen über die Ergebnisse
dieser beiden Imker. Sie erzählten, daß sie einen
Durchschnittsertrag von 28 Pfund ernteten, daß die Heide gut honigte
Anfang August, aber mehr oder weniger versagte bei Wiedereinsetzen vom
günstigen Wetter am 24., welches 5 Tage anhielt. In Wirklichkeit ergaben
diese 5 Tage die beste Tracht, an die ich mich erinnern kann, mit einer
täglichen Zunahme von annähernd 20 Pfund. Wir ernteten über 100
Pfund pro Volk. Weitere 50 Pfund waren vorhanden im Brutraum. Was war nun die
Erklärung für diesen erstaunlichen Unterschied? Ohne Zweifel
verbrachten diese zwei Imker ihre Völker in die Heide mit alten Bienen,
die sich bei der ersten Tracht sofort abschafften. Eine Brut war so nur im
beschränkten Maß vorhanden, folglich auch kein Nachwuchs. Das
muß so gewesen sein, denn beide Imker beklagten sich später
über schwere Winterverluste. Eine ziemlich allgemeine Erfahrung der
Mehrzahl der Imker, die in die Heide wandern. Ein Freund von mir, wohl der
erfolgreichste Berufsimker in England, wanderte mit seinen besten Völkern
auch jedes Jahr in die Heide. Er besitzt eintausendsiebenhundert Völker
insgesamt. Er imkert mit Englischem Vereinsmaß, jedoch mit 14 Waben im
Brutkasten. Seine Ernteergebnisse auf der Heide betragen stets die Hälfte
unseres Ertrages. Die Größe des Brutraumes und die endgültige
Volks stärke kann also hier die einzige Erklärung sein.

Die Hauptblütezeit der calluna erstreckt sich von Mitte
August bis zum 5. September. Nach diesem Zeitpunkt blüht oft noch sehr
viel Heidekraut. Aber von einer Tracht ist keine Rede mehr. Etwa um den 7.
September werden alle Aufsätze auf die Bienenflucht gestellt, ob voll oder
leer, und nach 2 Tagen entfernt. Die Völker sind dann bereit zum
Rücktransport. Nach Rückkehr aus der Heide erhält jedes Volk 6
Liter Zuckerlösung, sofort noch am selben Tag. Diese Fütterung
erfolgt unabhängig von dem Quantum Honig, der sich im Brutraum befindet.
Wie allgemeinbekannt, überwintern die Bienen schlecht, wenn sie ausschließlich
mit Heidehonig versehen sind. Die nun gefütterte Dosis wird im Zentrum vom
Brutnest gestapelt und folglich von den Bienen zuerst verzehrt im Laufe der
Wintermonate. Auf diese Weise ist die Ruhr weitgehend vermieden, aber eine
Gefahr besteht jedoch immer. Nach der ersten Fütterung werden alle
Völker gewogen, und jene, die nicht ein bestimmtes Mindestgewicht haben,
erhalten eine entsprechende Ergänzung. In totalen Fehljahren, in jenen, in
denen die Heide ganz versagt, was leider gelegentlich vorkommt, wie dieses
Jahr, wird jedem Volk nur ein Mindestquantum Zuckerlösung verabreicht, um
es sicher über den Winter zu bringen. Eine volle Auffütterung
würde in solchen Jahren die Völker vorzeitig erschöpfen und
verheerende Folgen mit sich bringen, wie dies die Erfahrung lehrte. Nach
Beendigung der Fütterung erfolgt die letzte Kontrolle, deren
ausschließlicher Zweck die Feststellung der Weiselrichtigkeit eines jeden
Volkes ist. Alle Völker gehen auf 10 Dadantwaben in den Winter. Eine
weitere Einengung oder irgendeine andere Maßnahme kommt zu dieser Zeit
nicht mehr in Betracht. Je mehr ein Volk sich selbst überlassen wird,
desto besser für sein Allgemeinwohl.
Nach dem 1. Oktober wird wo
möglich kein Volk mehr geöffnet. Obwohl uns hin und wieder sehr
strenge Winter beschert werden mit Temperaturen minus 20 Grad Celsius, so kommt
dennoch kein besonderer Winterschutz in Frage. Die Erfahrung hat gezeigt,
daß Kälte, sogar strenge Kälte, den Bienen nichts schadet, ja,
von Vorteil ist. Die Zehrung ist geringer und die Entwicklung im Frühjahr
um so besser. Wir sorgen jedoch für Windschutz.

Vor annähernd 45 Jahren
propagierten Dr. Philipps und George Demuth einen besonderen Winterschutzkasten
für je vier Völker. Die vier Beuten standen Wand an Wand mit 4 Zoll
hoher Laubschicht unter den Bodenbrettern und 6 Zoll um die äußeren
Seitenwände und bis zu 12 Zoll über dem Deckbrettchen.
Die Sache schien verlockend. Sobald
die versuchsweise, genau nach den Vorschriften von Dr. Philipps aufgestellten
Schutzkästen für je 4 Völker da waren, wartete ich mit voller
Spannung auf die Ergebnisse. Die 8 Probevölker kamen in tadellosem Zustand
durch den Winter. Die Waben zeigten nicht das kleinste Anzeichen von Schimmel.
Nun kam jedoch die Enttäuschung. Diese Völker entwickelten sich nicht,
es war keine richtige Brutfreudigkeit vorhanden, es war kein aufstrebendes
Leben da, nur eine lungernde Weiterexistenz. Dagegen erstarkten die Völker
in den Behelfsbeuten von damals, mit nur Dachpappe als Schutz, mit
Riesenschritten. Trotzdem entschloß ich mich, diese Versuche im folgenden
Winter fortzusetzen. Die Ergebnisse waren jedoch um kein Haar besser. Einige
Jahre später baute sich ein englischer Berufsimker 40 dieser Philippsschen
Schutzkästen, also für eine Überwinterung von insgesamt 160
Völkern. Gleichzeitig verbrachte ich die unsrigen wieder in Verwendung
für zwei weitere Winter. Aber unsere Resultate, sowie die mit den 160
Völkern, bestätigten vollauf die Ergebnisse der Jahre vorher. Auch in
den Vereinigten Staaten sowie in Kanada entsprach diese
Überwinterungsweise nicht den Erwartungen und blieb folglich auch dort
bald außer Gebrauch. Aus diesen -Versuchen kann man sich der Folgerung
nicht erwehren, daß Kälte im Winter einen günstigen
Einfluß auf die Volksentwicklung im Frühjahr ausübt und daß
ein übermäßiger Winterschutz genau das Gegenteil erwirkt.

*Anmerkung:

25 Jahre später in Bad
Sassendorf wurde Bruder Adam gefragt. — Sie haben eine Biene gezüchtet und eine Beute entwickelt, die
speziell auf die Nutzung der Sommertracht (Klee) und Spättracht (Heide)
ausgerichtet ist. Würden Sie, wenn Sie in einer Frühtrachtgegend
(Obst, Löwenzahn, Raps) imkern müßten, die gleiche Biene und
die gleiche Beute haben?
In ihrem Buch „Meine Betriebsweise“
schreiben Sie auf Seite 17:

„Selbstverständlich
bin ich mir bewußt, daß ein Brutkasten, wie er von uns verwendet
wird, nicht in jede Gegend paßt, besonders in jene nicht, wo eine
Frühtracht die einzige Honigernte ergibt.“

Bruder Adam antwortete:
„Die Beschränkung auf Seite 17 war
eine Vorsichtsmaßnahme. Inzwischen hat sich herausgestellt, daß
sich mit entsprechender Anpassung die Dadant-Beute in Frühtrachtgegenden
ebenfalls besten bewährt. Gemäß den Befunden einer
Imkergemeinschaft mit 450 Völkern ist die Dadant-Beute eher zu klein als
zu groß. Die Carnica paßt jedoch nicht in eine Beute dieser Art.“

Auszug außer der
Die Biene 1961 ?? ??-??.
Bruder ADAM KEHRLE, O.S.B.,
St. Mary Abbey, Buckfast,
Devon, UK